In einem Urlaub ans Meer und in die Berge
Jedes Jahr dieselbe Urlaubsfrage: Berge oder Meer. Wandern und Natur oder doch lieber Wasser, Wind und Wellen. Im Sommer 2020 sind wir eher per Zufall auf eine Variante gestoßen, die beides miteinander verbindet. Gerade mit dem Wohnmobil ist man ja flexibel. Aber auch mit dem Caravan ist dieser Urlaub in zwei Etappen ein Kompromiss, der sich nicht als solcher anfühlt. Die Rede ist von der Kombination Mittelmeer und Pyrenäen.
Wir waren zu Zweit unterwegs und hatten eine Tour quer durch Frankreich bis in die Pyrenäen vor. Mobile Basis war der Optima On Tour von Hobby, der uns erstaunlich staufrei quer durch Deutschland an die Grenze zum Elsass brachte. Der Sommer 2020 stand noch unter dem Zeichen von Corona und Frankreich hatte erst wenige Tage zuvor nicht nur seine Grenzen geöffnet. Auch die Campingplätze des Landes durften wieder den Betrieb aufnehmen.
Allerdings spürte man sehr deutlich, dass dies kein Sommer wie jeder andere war. Wir übernachteten fast ausschließlich auf Campingplätzen und obwohl wir mitten in den französischen Schulferien unterwegs waren, herrschte dort alles andere als Gedränge. Außerdem waren fast ausschließlich Franzosen unterwegs. Selbst Holländer sah man nur vereinzelt und deutsche Wohnmobile haben wir auf der ganzen Reise nur drei getroffen.
Über die Reise an sich werde ich an anderer Stelle berichten. Nur soviel vorab: Meine Liebste ist nicht n nur eine ausgeprägte Wassernixe. Sie wandert auch sehr gerne. Ich wiederum bin eher der Entdeckertyp und immer auf der Suche nach Orten, an denen ich noch nie gewesen bin. In Frankreich war das vor allem das Kernland mit seinen geschichtsträchtigen Städten und seiner atemberaubenden Landschaft. Der Weg führte dieses Mal über das Viadukt von Millau, Roquefort, Albi, Castres und Carcassonne mit leicht südlichem Drall nach Westen.
Irgendwann tauchte am Horizont Wasser auf und meine Beifahrerin bemerkte auf dem Navi-Display, dass da ziemlich viel Blau links von uns war. Kein Wunder, die A75 führt schnurstracks nach Narbonne und verläuft von da an als A9 parallel zum Mittelmeer bis zur spanischen Grenze. Wir hatten also die Corbières zur Rechten, die Pyrenäen vor uns und das Meer zur Linken. Ein denkbar ungünstiger Ort, um eine begeisterte Schwimmerin davon abzuhalten, einen Abstecher zum nächsten Strand zu machen. Also bogen wir in Richtung Leucate ab und landeten nach Konsultation des Campingführers auf dem Camping Rives des Corbières am Rande von Port Leucate.
Der Platz war mit Abstand der Teuerste auf unserer gesamten Reise. Aber er ist bestens geführt und bietet große Stellplätze mit ausreichend Abstand zum Nachbarn. Zum Meer sind es vielleicht 500 M zu Fuß und man landet an einem bewachten Strand, dessen Ende in beiden Richtungen nicht abzusehen ist. Der Sand ist etwas grobkörnig und prickelt ordentlich auf der Haut, wenn er vom nicht allzu seltenen Wind durch die Luft gewirbelt wird. Am ersten Tag brandeten die Wellen mit ordentlicher Wucht auf das Land und das Wasser war Anfang Juli noch recht kühl. Am nächsten Tag war das Meer spiegelglatt und gefühlte zehn Grad wärmer.
Wer mit Kindern unterwegs ist, findet auf dem Campingplatz eine komfortable Bleibe, ganz gleich ob das Feriendomizil ein Caravan oder ein Wohnmobil ist. Im Sommer gibt es ein Animationsprogramm für die Jungen und ganz Jungen. Wer den Weg zum Strand scheut, kann sich am und im Pool vergnügen. Und für die Versorgung mit dem Wesentlichen findet sich wenige hundert Meter entfernt ein Lidl. An Bars und Restaurants mangelt es natürlich in einem voll auf Tourismus ausgerichteten Ort wie Port Leucate auch nicht. Der Platz selbst hat einen kleinen Shop, in dem man auf Vorbestellung morgens sein Baquette und seine Croissants bekommt. Die Ver- und Entsorgungsstation für das Wohnmobil befindet sich direkt neben dem Eingang, kostet aber eine kleine Gebühr.
So viel also zu dem Teil des Urlaubs, der all jene begeistern wird, die bei Ferien vor allem an Sonne, Strand und Meer denken. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Mir ist der ganze Sand, der sich überall festsetzt, einfach nur lästig. Selbst im Schatten eines Sonnenschirmes ist es anstrengend, auf dem Tablet etwas zu lesen, um die faule Zeit mit Inhalt zu füllen, was bei mir schnell das Gefühl von Langeweile aufkommen lässt. Meine Liebste hingegen hatte ihren Spaß und fand das Mittelmeer einfach toll zum Schwimmen, was sie dann auch an beiden Tagen ausgiebig tat.
Der Abstecher nach Leucate war zwar nicht geplant, aber das Schöne am Reisen auf eigene Faust ist ja, dass man frei von festen Buchungen ist und jederzeit seine Pläne ändern kann. Ich kann mich an eine Situation erinnern, in der ich im Dauerregen in der Bretagne festsaß, um dann kurzerhand meinen damaligen Wohnwagen anzuhängen und ans sonnige Mittelmeer zu fahren.
Von Leucate aus kommt man in weniger als zwei Stunden über die A9 und die N116 nach Villefanche-de-Conflent. Der kleine mittelalterliche Ort mit seiner voll erhaltenen Stadtmauer war unser nächstes Ziel und bietet sich als Ausgangspunkt für eine Reise der besonderen Art an. Villefranche ist durchaus eine Besichtigung wert und weit weniger überlaufen als zum Beispiel die Cité von Carcassonne. In der Hochsaison ist es allerdings nicht ganz einfach, in unmittelbarer Nähe einen Wohnmobil-Standplatz zu finden. Mein Tipp dazu: Lasst das Fahrzeug am etwas abseits gelegenen Bahnhof stehen. Dort gibt es einen ausreichend großen Parkplatz extra für Reisemobile. Tagsüber ist dafür eine Gebühr fällig. Die Übernachtung ist kostenlos. Allerdings gibt es keinerlei Service. Direkt vom Parkplatz führt ein Fußweg in die Stadt, die nur 20 Minuten entfernt ist.
Die komfortablere Alternative ist Camping Le Rotja in Fuilla. Das liegt an der D6, die einen Kilometer nach Villefranche von der N116 abzweigt. Die Straße ist recht schmal, aber auch mit einem größeren Wohnmobil problemlos zu befahren. Nur die 90°-Abzweigung zum Campingplatz ist nicht ganz ohne und erfordert etwas Augenmaß. Der Platz gehört einem Holländer, der natürlich auch perfekt deutsch spricht und sich sehr persönlich um Seine Gäste kümmert. Als wir da waren gab es abends ein einfaches aber sehr schmackhaftes Essen, das seine Frau zubereitet hatte und das man sowohl zum Wohnwagen oder Wohmobil mitnehmen oder in geselliger Runde am großen Tisch essen konnte. Das Fahrzeug steht auf einem naturbelassenen Gelände mit ausreichend Stromanschlüssen. Die Ver- und Entsorgung ist etwas simpel gehalten, aber erfüllt ihren Zweck. Hier oben steht man unter schattigen Bäumen und hat absolut seine Ruhe.
Auf einigen Karten ist auch noch Camping du Mas de Lastourg direkt an der N116 verzeichnet. Der Campingplatz wurde aber von seinen Besitzern aufgegeben und existiert daher nicht mehr.
Camping Le Rotja ist ein echter Kontrast zum Camping am Meer und ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen in den hier recht waldreichen Pyrenäen. Wir sind jedoch runter an den Bahnhof von Villefranche-de-Conflent gefahren, haben dort das Fahrzeug abgestellt und uns ein Ticket für den Petit Train Jaune geholt.
Der kleine gelbe Zug ist eine Schmalspurbahn, die von der SNCF betrieben wird und quer durch die Pyrenäen bis nach Spanien fährt. Man nennt ihn auch die Pyrenäen-U-Bahn, weil die elektrisch betriebenen Triebwagen ihren Strom wie bei der U-Bahn aus einem Stromleiter direkt neben den Schienen beziehen. Tickets kann man nur am Tag der Abfahrt kaufen und man sollte vor allem in der Saison gut eine Stunde vorher da sein, um noch eine Chance zu haben. Wer sich auf den genauen Tag festlegen will, kann die Tickets aber auch im Internet erhalten.
Wenn es nicht gerade regnet, ist der offene Wagen ein guter Tipp. Jeder Zug hat nur einen davon und er bietet bei schönem Wetter einen hervorragenden Rundumblick auf die imposante Berglandschaft der Pyrenäen. Bis zum Zielort sind es rund 3 Stunden, aber man kann auch an jedem Ort entlang der Strecke aussteigen, um den nächsten geeigneten Zug zurück nach Villefranche zu nehmen. Die Bahnfahrt selbst ist recht abenteuerlich und fährt über eine kurvenreiche Strecke über eine unendliche Reihe von Viadukten und durch unzählige Tunnels. Dabei wird man kräftig durchgeschüttelt, denn es handelt sich schließlich um eine Museumsbahn, die heute nur noch für touristische Fahrten genutzt wird.
Wir sind bis nach Mont Louis gefahren. Dort gibt es eine alte Festung vom berühmten französischen Baumeister Vauban, die unter UNESCO-Schutz steht. Sie ist leider nicht zugänglich, aber immerhin ein guter Aussichtspunkt für einen Blick in die umliegenden Berge.
Der Ort am Fuße der Festung trägt den Namen Odeillo oder Font-Romeu und ist ein typisches katalanisches Dorf, in dem eigentlich nichts los ist. Immerhin gibt es direkt am Marktplatz ein nettes kleines Restaurant, in dem man im Sommer draußen sitzen und ein typisch katalanisches Gericht zu sich nehmen kann. Wir haben uns bis zum Zug zurück ins Tal gut drei Stunden Zeit genommen. Die braucht man auch, denn allein für den Weg vom Ort zum Bahnhof muss man einen Fußmarsch von gut 45 Minuten einplanen.
Odeillo ist bekannt als Standort des weltweit ersten Solarkraftwerks. Es wurde bereits 1970 in Betrieb genommen, also weit vor dem Klimahype, als im übrigen Europa von Solarenergie noch nicht die Rede war. Man kann den großen Sonnenreflektor von der Festung aus sehen. Wer sich dafür interessiert, kann auch eine Führung (in Französisch) machen. Allerdings ist zwischen 12 und 15 Uhr Mittagspause.
Der Petit Train Jaune ist natürlich eine tolle Attraktion für Kinder und ein Highlight, das auch Wandermuffeln einen Aufenthalt in den Bergen schmackhaft macht.
Für uns war Port Leucate zwar nur ein ungeplanter Zwischenstopp auf dem Weg nach Villefranche-de-Conflent. Die Kombination beider Orte lässt sich jedoch auch hervorragend zu einer Reise verbinden, die unterschiedliche Vorstellungen von einem Sommerurlaub unter einen Hut bringt. Die größte Flexibilität eröffnet sich dabei vermutlich mit einem Caravan, den man als mobiles Urlaubsdomizil auf den genannten Campingplätzen aufstellen kann, um dann mit dem Auto die nähere und ferner Umgebung zu erkunden. Andererseits ist das Wohnmobil wohl die bevorzugte Wahl, um auf der Hin- und Rückfahrt quer durch Frankreich das eine oder andere Highlight abseits der üblichen touristischen Routen kennenzulernen. Wer einfach nur mit dem Auto unterwegs ist, trifft in Port Leucate auf eine eine Fülle an Ferienwohnungen. Wanderer finden in diesem weniger schroffen Teil der Pyrenäen zahlreiche einfache Herbergen nd Fremdenzimmer.