Man ist immer nur bedingt autark

Ein Wohnmobil ist Urlaubsfreiheit schlechthin. Man fährt hin, wo es am schönsten ist, schläft mitten in der Natur und frühstückt mit Blick auf das Meer, die Wälder, die Berge. Schließlich ist man autark. Man hat seine Ferienwohnung dabei und alles an Bord was man zum Leben braucht. Das klingt natürlich verlockend. Aber auch diese Freiheit ist nur relativ und das autarke Leben funktioniert nur, bis die Toilette voll ist und der Wassertank nicht mehr für die nächste Dusche reicht. 

Wir alle nehmen viele Dinge für selbstverständlich, die auf Reisen alles andere als selbstverständlich sind. Wollen wir einen Kaffee trinken, gießen wir Wasser in die Maschine und warten ein paar Minuten. Haben wir Hunger, sehen wir im Kühlschrank nach, was noch da ist, und schalten den Herd an, um uns etwas Leckeres zuzubereiten. Kommen wir verschwitzt von einer Radtour nach Hause, gehen wir erst einmal unter die Dusche und wenig später fühlen wir uns wieder pudelwohl.

Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, dass hinter all diesen Selbstverständlichkeiten eine gewaltige Infrastruktur steckt. Das ganze Land ist von Wasserleitungen und Abwasserrohren durchzogen. Tausende von Wasserwerken sorgen dafür, dass immer etwas aus dem Wasserhahn kommt. Klärwerke arbeiten beständig daran, dass unsere Hinterlassenschaften wieder in den Naturkreislauf zurückgeführt werden. Ein dichtes Netz an Stromleitungen liefert uns die allgegenwärtige Energie. Millionen Kilometer an Kupfer- und Glasfaserleitungen sorgen für Telefon und Internet ohne Unterbrechung. Sendemasten an jeder Ecke halten das Handy am Leben. 

 

Autark ja, aber nur für ein paar Tage

Wenn wir daher meinen, mit dem Wohnmobil autark zu sein, dann machen wir uns eigentlich etwas vor. Wir sind nicht wirklich autark. Wir schaffen es bestenfalls, uns für ein paar Tage vom Netz abzukoppeln, indem wir unser Trinkwasser in einem Tank bunkern, unser Abwasser in einem zweiten Tank zwischenlagern, unsere Fäkalien in einer Kassette einkapseln und die Energie zum Kochen aus einer Flasche beziehen. 

Wie bescheiden unsere Unabhängigkeit in Wirklichkeit ist, wird spätestens dann klar, wenn der Füllstand des Fäkalientanks auf Rot steht und der letzte Balken auf der elektronischen Frischwasseranzeige verschwunden ist. Dann merkt man ganz schnell, dass das mit dem autarken Leben im Wohnmobil eben doch recht enge Grenzen hat. Mehr als drei Tage kann man nämlich mit den wenigsten Fahrzeugen durchhalten, bevor es Zeit wird, die nächste Ver- und Entsorgungsstation anzufahren. 

Wir alle brauchen eben ständig Energie in Form von Gas und/oder Strom. Wir brauchen laufend sauberes Wasser. Und wir produzieren jeden Tag mehrere Liter Schmutzwasser pro Person. 

Ohne Infrastruktur geht gar nichts 

Frischwasser könnte man ja zur Not auch von einer Tankstelle bekommen, auch wenn längst nicht jede einen passenden Anschluss dafür hat. Beim Abwasser sieht es schon anders aus. Es dürfte recht schwierig sein, jedes Mal einen Gulli zu finden, über den man das Mobil genau so stellen kann, dass der Abwassertank mit seiner Mischung aus Spülwasser, Zahncreme, Duschgel und Essensresten auslaufen kann, ohne seinen Inhalt über die halbe Straße zu verteilen. Und beim Fäkalientank ist Schluss mit Lustig. Wer will schon, dass fremde Leute ihre übel riechende Pampe ins eigene Klo kippen. Das funktioniert nämlich nur selten, ohne dass etwas daneben geht?

Deshalb haben sowohl Campingplätze, als auch Wohnmobil-Stellplätze spezielle Entsorgungsmöglichkeiten, die es den modernen Urlaubsnomaden erlauben, ihre Abwässer einigermaßen elegant zu entsorgen. Und deshalb gehen immer mehr Gemeinden dazu über, das Übernachten im Wohnmobil nur noch auf speziell dafür vorgesehenen Parkplätzen zuzulassen. Das Entsorgungsproblem ist einfach immer offensichtlicher geworden, seitdem immer mehr Wohnmobile die Urlaubsorte bevölkern. 

Viele Wohnmobilisten reden mittlerweile von Schikane, wenn sie vor allem in touristisch attraktiven Regionen immer häufiger auf Verbotsschilder stoßen. Und tatsächlich ist es so, dass vielen Gemeinden nichts Besseres einfällt, als dem veränderten Reiseverhalten mit Verbotsschildern zu begegnen, anstatt nach neuen Lösungen zu suchen. Aber eine Teilschuld tragen die Wohnmobilisten selbst. Besonders die Neulinge unter ihnen haben die Bilder von frei stehenden schicken Mobilen an den schönsten Orten des Kontinents vor Augen und finden es toll, überall anhalten und mitten in der Natur wohnen zu können. Doch den wenigsten ist bewusst, dass ihre Freiheit eben doch sehr eingeschränkt ist. 

So ein Wohnmobil braucht eben alle paar Tage frisches Wasser. Und es muss genauso oft entsorgt werden. Darüber haben jedoch viele Wohnmobil-Neulinge nie wirklich nachgedacht und verhalten sich genauso rücksichtslos, wie sie es im übrigen Leben auch tun: Was interessieren mich die Anderen? Was interessiert mich die Umwelt? Ich lasse mein Dreckwasser einfach ab und mach mich aus dem Staub. Wer einmal mit einem Menschen von der Stadtreinigung gesprochen hat, der weiß, wie so mancher Parkplatz früher zugemüllt war und wie übel es dort gerochen hat, bevor er für Wohnmobile gesperrt wurde. 

Es sind eben immer nur ein paar rücksichtslose Egoisten, die das Leben für alle schwer machen.