Korsika: Inseltour mit Wohnmobil und Mietwagen

Einen Mitwagen nehmen, wo man doch im Wohnmobil unterwegs ist? Macht das Sinn? Auf Korsika durchaus. Besonders der interessante Norden der Insel wird von unzähligen kurvigen Serpentinen bestimmt, die es in sich haben. Selbst so mancher Kleinwagenfahrer bremst hier auf Schritttempo herunter, wenn ihm ein anderes Auto entgegenkommt. Für einen Wohnmobil-Piloten ist das schon eine echte Herausforderung und nicht jeder schafft es, ganz cool zu bleiben, wenn der Abhang nur Zentimeter neben der Straße beginnt.

Wir haben den komfortablen Weg gewählt und uns für die Nachtfähre vom italienischen Savona zum korsischen L‘Il-Rousse entschieden. Die Fähre legt abends auf dem Festland ab und tuckert dann mit bewusst gedrosselter Geschwindigkeit über die ligurische See, um dann am anderen Morgen auf der Insel abzukommen. Alternativ dazu kann man auch eine etwas längere Fahrtstrecke in Italien in Kauf nehmen und von Livorno nach Bastia übersetzen.

Unser Zeitfenster war auf drei Wochen begrenzt. Mit einer nicht zu stressigen Anfahrt und zwei Pausen auf der Rückfahrt, blieben also noch gut zwei Wochen für die Insel. Da wir uns keinen Stress machen und möglichst viele Sehenswürdigkeiten „abhaken“ wollten, beschränkten wir uns bewusst auf den Norden Korsikas und damit auf den landschaftlich eindrucksvollsten Teil der Insel. Es war Anfang April und das Mittelmeer war zum Baden eher noch nicht geeignet. Also hatten wir viel Zeit für Besichtigungen, Wanderungen und Touren durch die Berge.
Gute Tourenvorschläge lieferte eine Smartphone-App namens „Komoot“. Ansonsten hat sich der Dumont Reiseführer Korsika als äußerst informativer Begleiter erwiesen. Ich hatte außerdem auf dem Tablet „OSMAndroid“ dabei. Das ist eine Anzeige-App für Open Street Maps und für mich schon seit Jahren ganz einfach die Navigations-App zum Wandern und Fahrrad fahren. Orientierungsprobleme sind damit so gut wie ausgeschlossen und auch bei unzureichender Wegmarkierung erkannten wir immer den richtigen Weg.

Große Berge, kleine Straßen

Grundsätzlich bietet Korsika nur wenige Straßen, auf denen man einigermaßen schnell vorankommt. Die T 20 verbindet Bastia im Norden mit der Hauptstadt Ajaccio im Südwesten. Einen weitere Achse ist die T 30 von Bastia nach Calvi. Und dann ist da noch die T10 entlang der Ostküste bis nach Bonifacio an der Südspitze der Insel Von  dort aus kann man über die T40 wieder nach Ajaccio weiterfahren. Doch wie gesagt, wir wollten bewusst im Norden bleiben und nicht stundenlang auf der Straße verbringen.

Außer den genannten Städten besteht Korsika in erster Linie aus malerischen Dörfern, die vor allem  im Landesinneren nicht immer ganz einfach zu erreichen sind. Abseits der großen Verkehrsachsen werden die Straßen schnell eng und kurvenreich und nicht selten ist der Straßenzustand recht abenteuerlich. Besonders aus Sicht eines Autobahn-gewohnten Mitteleuropäers kommt hier echte Bewunderung auf, wenn man sieht, vor welchen Straßenabschnitten selbst Reisebusse nicht zurückschrecken.

Wer es einrichten kann, sollte sich auch eine Fahrt mit der staatlichen korsischen Schmalspurbahn einplanen. Die Stecke führt teilweise durch unzulängliches Gelände, das man anders kaum zu sehen bekommt. Die Strecke zwischen Calvi und L-Ile-Russe nennt sich Tramway de Balagne und ermöglicht 4x täglich „Strandhopping“ auf 22 km mit 17 Haltestellen.

Wo ein Reisebus hinkommt, müsste man es doch eigentlich auch mit einem Wohnmobil schaffen, lautet normalerweise die Logik jedes Wohnmobilfahrers. Doch ein routinierter Busfahrer, der sich in seiner Heimat auskennt, hat wohl eine andere Angstschwelle als jemand, der nur für ein paar Wochen im Jahr vom Mittelklasse-PKW in die Transporterklasse wechselt. Also entschlossen wir uns, dieses Mal das zu tun, wofür ein Wohnmobil eigentlich nicht da ist: wir legten uns im Wesentlichen auf einen Standplatz fest und zogen von dort aus zu mehreren Tagestouren los. Danach folgte noch eine kleine Inselquerung und der Urlaub war vorbei.

Erkundung mit dem Mietwagen

Unser wichtigster Campingplatz lag verkehrsgünstig in der Nähe von Algajola. Der kleine Ort mit seiner malerischen Zitadelle liegt an der Westküste der Insel und vor dem bergigen Hintergrund der Balagne, die interessante Entdeckungstouren versprach. Wir ließen das Fahrzeug dort stehen und nahmen die berühmte Schmalspurbahn, die Bastia mit Calvi verbindet und deren Schienenstrang direkt an dem im April noch fast leeren Platz vorbeiführte.

In Calvi hatten wir einen Mietwagen gebucht, der uns stressfrei zu den Zielen bringen sollte, die auf unserem Reiseplan standen. Ziele in den Bergen, für die uns das Reisemobil einfach zu unhandlich war. Dafür hatten wir uns ganz bewusst für einen winzigen Toyota mit Automatik entschieden, dem eigentlich keine Straße zu eng sein sollte.

Calvi selbst unterteilt sich in zwei Welten. Unten am Yachthafen ist man voll auf Massentourismus eingestellt. Hier reiht sich ein Restaurant an das andere und die Anzahl der Sitzplätze lässt darauf schließen, dass hier im Sommer richtig viel los ist. Eine Querstraße dahinter findet man malerische Gassen mit den üblichen Geschäften, die durchaus eine Besichtigung wert sind. Direkt neben der unteren Stadt liegt ein Felsvorsprung, auf dem eine mächtige Zitadelle thront.Hinter deren Mauern verbirgt sich eine weitere Stadt, die über unzählige Treppen und Sträßchen erkundet werden will. Doch eigentlich sollte man Calvi vom Meer her kennenlernen, da die kleine Stadt erst dann ihre eigentliche Schönheit offenbart. Im Hafen stehen dafür Ausflugsschiffe bereit, die auch einen Abstecher in mehrere Höhlen machen, die das Meer hier in das Gestein gespült hat.

Berge, Aussicht, Wanderungen

Die erste Wanderung starteten wir von Lumio aus. Gleich am nördlichen Ortseingang ist ein Parkplatz, von dem aus ein steiler Weg in die Berge führt. Ziel ist das Village abandonnée d‘Occi, eine verlassene Ortschaft, von der aus man einen herrlichen Ausblick auf das Meer hat. Über einen steinigen Fußweg geht es dann in einer großen Schleife wieder in den Ort zurück. Richtige Wanderschuhe sind hier – wie auch im übrigen Korsika – absolute Pflicht.

Ein optisches Highlight ist auch das Dorf Pigna, das man von Algajola aus in einer vierstündigen Rundwanderung erreichen kann. In dem von Künstlern und Handwerkern geprägten Dorf findet man viele malerische Ecken und ein schönes Restaurant mit einer noch schöneren Terrasse, von der aus der Blick bis weit über die Landschaft schweifen kann.

Wenn man früh genug aufgestanden ist, reicht die Zeit auch noch für den Aufstieg nach Sant‘ Antonio. Der Ort gilt als eines der schönste Dörfer auf Korsika und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Mein Tipp ist eine Weinprobe gleich unten am Parkplatz. Der korsische Rotwein ist nämlich neben dem spritzig frischen Rosé durchaus eine Empfehlung.

Wer keine so ausgeprägten Wander-Ambitionen hat, kann auch eine Tour mit dem Auto zu den Bergdörfern der Balagne unternehmen. In diesem Fall sind auch Aregno, Corbara und Santa Reparata di-Balagna einen Bummel wert.

Wer die Herausforderung sucht, dem sei eine Tour nach Speloncato empfohlen. Fährt man dort auf die D63 Richtung Pioggiola, landet man auf einer verwegenen Bergstraße, bei der wir uns selbst in unserem Kleinwagen mehr als einmal fragten, ob es nicht besser sei, bei nächster Gelegenheit umzukehren. Doch oben am Pass ist ein großzügiger Parkplatz, wo wir auf einen Reisebus stießen, bei dem wir uns wirklich wunderten, wie der wohl hier her gekommen ist. Vom Pass aus empfiehlt sich eine Wanderung nach Olmi-Cappella, wo unter Garantie ein frisches Bier auf den durstigen Wanderer wartet.

Runde ums Cap Corse

Wer den Norden Korsikas kennenlernen will, der muss natürlich auch eine Fahrt zum Cap Corse einplanen. Wir durchquerte dafür zunächst auf der D81 die felsige Mondlandschaft Desért des Agriates. Das heutige Naturschutzgebiet darf nur von lizenzierten Ausflugsjeeps befahren werden und war einst ein fruchtbares Weide- und Anbauland,  bevor es durch Brandrodung, Brände und starke Winde verkarstete. Am Ende der Straße liegt Saint-Florent, ein lebhafter Touristenort, wo wir direkt am Meer einen vermutlich noch am selben Morgen gefangenen Teufelsfisch verspeisten, der sich als kulinarisches Highlight unserer Reise erweisen sollte.
Das Cap Corse ist eine beeindruckende Felslandschaft, die schroff zum Meer abfällt und nur entlang der Küste umfahren werden kann. Wer nicht gerne direkt am Abgrund fährt, sollte die Umrundung der Halbinsel in Saint-Florent beginnen. Auf dem Weg ist Nonza mit seinem alten Wachtturm ein Ort, der einen lohnenswerten Zwischenstopp verspricht. Wer noch Lust zum Wandern verspürt, dem sei der Sentier des Duoaniers an der Spitze der Halbinsel empfohlen. Je nach Zeit kann man ihn in mehreren Abschnitten gehen und hat dabei grandiose Aussichten auf das Meer.

Nachdem wir unseren Mietwagen wieder abgegeben hatten, fuhren wir mit dem Wohnmobil Richtung Osten, bogen allerdings schon na h einem guten Drittel der Strecke links ab und fuhren die engen Serpentinen nach Lama hoch. Da wir nur einen recht kompakten Kastenwagen hatten, war das nicht wirklich ein Problem. Wer den sehenswerten Ort mit einem „ausgewachsenen“ Wohnmobil erreichen will, muss allerdings sehr gutes fahrerisches Können mitbringen. Das Parken im Ort ist durchaus ein Problem und im Sommer vermutlich unmöglich. Wir wollten eigentlich eine Wanderung zum Refugio de Prunicu unternehmen, aber die drohend über dem 690 m hohen Monte Grossu hängenden Regenwolken hielten uns davon ab.

Corte wird im Reiseführer recht positiv beschrieben. Wir empfanden die Stadt mit ihren verfallenen Fassaden allerdings als ziemlich unattraktiv. Immerhin fanden wir oben kurz vor der Auffahrt zur Zitadelle einen attraktiven Übernachtungsplatz und gönnten uns den kleinen Luxus eines ausgiebigen Abendessens.

Danach ging es nach Bastia, wo natürlich vor allem die Altstadt das Ziel war, für die wir uns dann auch genügend Zeit für einen ausgiebigen Bummel nahmen.

Der Norden Korsikas wird vor allem vom Cap Corse und den schneebedeckten Bergzügen der Balagne bestimmt. An den Küsten gibt es ein paar nette Badeorte, doch die eigentliche Attraktion sind die Berge und die sollte man tunlichst nicht im Sommer erwandern. Korsika gehört zwar zu Frankreich (was die Korsen selbst mit einigen Vorbehalten sehen), doch von französischer Lebensart findet man hier recht wenig. Wir hatten eher ständig den Eindruck, in Italien zu sein, was auch durch die oftmals bröckelnden Fassaden der Häuser unterstrichen wurde, die eher mediterranes Flair ausstrahlten.