Écomusée Ungersheim: Die Störche sind wieder da

Reisen mit Kindern sind ja immer eine besondere Herausforderung. Das Écomusée d‘Alsace in Ungersheim ist ein abwechslungsreiches Kurzreiseziel für alle, die im Südwesten des Landes leben.  Es ist aber auch ein lohnender Zwischenstopp auf dem Weg nach Süden, der eine lange Anfahrt mit einem lohnenswerten Zwischenstopp versieht, das nicht nur Kinder interessant finden. Hier taucht man direkt in die Vergangenheit ein. In eine Zeit, als Autos noch unbekannt waren, der Hufschmied noch gut zu tun hatte und Butter von Hand gemacht wurde. Und als es in jedem Dorf mehrere Storchennester gab.

Wer im späten Frühjahr oder frühen Sommer nach Ungersheim kommt, wird das Geklapper der Störche noch lange im Ohr haben. Fast auf jedem Hausdach gibt es hier ein Storchennest und die beeindruckend großen Vögel leben darin, wie sie es schon vor Jahrhunderten getan haben. Es gibt einen grandiosen Aussichtspunkt, von dem man auf Augenhöhe mit den Störchen ist und herrliche Fotos schießen kann.

Ungersheim liegt nördlich von Mulhouse und das Ècomusée findet man direkt an der D430, die weiter westlich direkt in die Hochvogesen hinein führt. Die schnellste Anfahrt ist über die A36. Die Autobahn durch den Jura wird von vielen Urlaubern mit Wohnmobil oder Caravan auf dem Weg nach Südfrankreich oder Spanien genutzt. Ein kleiner Tipp ist übrigens, ab Karlsruhe über Lauterburg auf die A35 nach Süden zu fahren und damit die hektische deutsche A5 zu vermeiden. Hat man erst einmal Straßbourg passiert, führt der Weg durch weitläufige Weinberge mit Blick auf die Vogesen im Hintergrund. Nach Ungersheim nimmt man dann am besten die Abfahrt Ensisheim.

Die Idee zum heutigen Écomusée d‘Alsace entstand 1971, als junge Geschichts- und Architekturstudenten den Verein Maisons Paysannes d‘Alsace gründeten. Ihr Ziel war es, die typischen uralten Häuser im Elsass zu restaurieren und als Kulturerbe für die Nachwelt zu erhalten. Da dies vor Ort oftmals nicht möglich war, baute man sie kurzerhand ab, um sie in einem Museumsdorf originalgetreu wieder aufzubauen. Das erste Haus erhielt auf diese Weise im Jahr 1984 ein neues Leben. 1987 wurde dann ein alter Wehrturm aus dem 15. Jahrhundert von Mulhouse nach Ungersheim versetzt. Und 1989 wurde das alte Sägewerk wiederaufgebaut, dessen Reste man in Moosch zusammengetragen hatte.

Heute findet man im Écomusée d‘Alsace ein komplettes Dorf, das nicht nur einen Eindruck von der Lebensweise vor hunderten von Jahren vermittelt. Hier pulsiert auch das Leben, als ob sich seit dieser Zeit absolut nichts verändert hätte. Man kann zum Beispiel dem Stellmacher, Hufschmied und Sattler bei der Arbeit zusehen. Kinder fahren gemächlich mit dem Ochsenkarren durchs Dorf. Beim Barbier kann Mann sich die Haare stutzen oder auf althergebrachte Weise den Bart trimmen lassen. Töpfer, Küfer und Korbflechter stellen Gegenstände des Alltags her. Der Bäcker zeigt, wie man früher Brot gebacken hat. Und es gibt eine Schule mit gelegentlichen Unterrichtsstunden aus der Zeit, als der Herr Lehrer noch den Rohrstock schwang.

Die im Museum gefertigten Gegenstände kann man übrigens direkt in der Boutique erwerben. Dazu gehören Töpferwaren, Schmiedewaren, Holzspielzeug, Konfitüren, Schnaps und Honig. Und wenn die Familie irgendwann Hunger hat, besteht die Wahl unter dem Restaurant „La Taverne“, der Auberge d‘Hégenheim und der rustikalen Bäckerei, wo es natürlich auch einen original elsässer Gugelhupf gibt.

Insgesamt besteht das Museum mittlerweile aus weit über 70 traditionellen Gebäuden, die aus dem gesamten Elsass zusammengetragen wurden. Dabei sind alle wichtigen Architekturtypen der Region vertreten. In der Summe wurden auf diese Weise alle Funktionen geschaffen, die ein richtiges Dorf ausmachen – von der Schule bis zur Werkstatt und von der Kapelle bis zum wasserbetriebenen Sägewerk.

In einem Teil des Museums findet man über 40.000 original Alltagsgegenstände, die von Bürgern aus dem Elsass gespendet wurden. Sie versinnbildlichen auf recht anschauliche Art das Leben eines Dorfes von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 50er Jahre.

Wer gerne fotografiert, sollte zur Sicherheit eine extra Speicherkarte mitnehmen, denn Fotomotive bietet das Dorf wahrlich mehr als genug. Den besten Überblick über das Geschehen hat man vom alten Wehrturm aus. Hier befindet man sich über den alten, strohgedeckten Häusern und kann buchstäblich den Störchen ins Nest sehen. Besonders während der Brutzeit oder auch danach, wenn mehrere kleine Schnäbel gefüttert werden wollen, ist das ein besonders aufregendes Schauspiel. Allerdings: Vergessen Sie‘s, den Kids von heute kann niemand mehr weismachen, dass es der Storch ist, der die Babys bringt …

Interessant ist auch der moderne Teil des Freilichtmuseums, der 2015 in Angriff genommen wurde. Hier gehen zwei Architektengruppen der Frage nach, wie wohl das elsässische Fachwerkhaus des 21. Jahrhunderts aussehen könnte. Das erste Haus im modernen Fachwerkstil wurde vom elsässischen Architekten Mathieu Winter geschaffen. Es markiert auf anschauliche Weise den Beginn eines spannenden Dialoges zwischen traditionellem und zeitgenössischem Wohnen. Dabei es geht darum, traditionelle Bautechniken auf moderne Art zu interpretieren, um Vergangenheit und Zukunft miteinander zu verbinden!

Wer mit dem Auto kommt, kann sich ganz stilgerecht im Hotel „Les Loges“ einquartieren. Das Zwei Sterne-Hotel befindet sich direkt auf dem Gelände des Écomusée d'Alsace in unmittelbarer Nähe zum Dorf und Restaurant. Inmitten der Natur gelegen verfügt es über 40 Maisonette-Zimmer in zehn Fachwerkhäuschen. Jedes dieser Häuschen ist in vier unabhängige Maisonette-Wohnungen für 1 bis 5 Personen aufgeteilt.

Wer mit dem Wohnmobil kommt, findet direkt angrenzend ans Hotel einen eigenen Parkplatz unter Bäumen. Dort ist es nicht nur im Sommer angenehm schattig. Es gibt auch einen Wasseranschluss und eine Klärgrube. Die 6 € Gebühr pro Nacht entrichtet man an der Rezeption des Hotels Loges.
 

Nähere Informationen zur Planung eines Wochenend-Tripps oder auch eines Stoppovers zur Auflockerung einer langen Anreise finden sich unter www.ecomusee.alsace/de/.