Föhr an einem trüben Wochenende

Man soll nie etwas tun, wenn alle dasselbe tun wollen. Zum Beispiel sich spontan entscheiden, ein verlängertes Wochenende an irgend einem schönen Ort. Denn wenn der 1. Mai auf einen Dienstag fällt, will ganz Hamburg den „Fenstertag“ nutzen und raus aufs Land. Ich habe es trotzdem getan und bin mit meiner Liebsten auf der Nordseeinsel Föhr gelandet. Leider bei recht trübem Wetter, aber das machte nichts.

Föhr ist eine Insel überschaubarer Größe. Hotels gibt es hier nur wenige und alle sind sie in der Inselhauptstadt Wyk. Mit nur einer Woche Vorlauf an einem langen Wochenende war da nichts mehr zu machen. hotel.de meldete genauso „leider ...“ wie hrs.de und all die anderen Portale. Auch ein Anruf brachte nichts. Also ließ ich mich auf eine Ferienwohnung ein und das sollte nicht die schlechteste Entscheidung sein.

So einfach wie ein Hotelzimmer zu buchen ist das allerdings nicht. Man muss erst eine Anfrage abschicken und auf eine Zusage warten. Das klappte zumindest innerhalb von ein paar Stunden und mir wurde ein „Mietvertrag“ zugemailt. Da stand dann drin, dass nach Unterzeichnung des Vertrags kein Rücktritt mehr möglich sei. Und dass mindestens drei Wochen vorher die Miete überwiesen sein muss. Ferienwohnungen mietet man anscheinend nicht einfach mal so, sondern schon Monate im voraus. Das kann ja einer wie ich, der sonst eher mit dem Wohnmobil unterwegs ist, nicht wissen.

Dass so eine Wohnung keine Bettwäsche hat, war mir auch neu. Das müsse man extra mit der Hausverwaltung klären, hieß es. Und mit der tauschte ich dann auch noch drei Mails aus, bis alles klar war. Mit dem Wohnmobil wäre ich einfach hingefahren und alles weitere hätte sich irgendwie ergeben. Aber für drei Tage lohnt sich das nicht wirklich. Schon allein wegen der Fährkosten.

Das war nämlich der zweite Knackpunkt. Die einzige Überfahrt, die sich eine Woche im voraus noch buchen ließ, war um 7:17 Uhr. Morgens, wohlgemerkt. Auf der Buchungsbestätigung stand dann, dass leider Niedrigwasser sei und die Fähre schon um 6:30 Uhr ablegen würde. Für mich hieß das, um drei Uhr aufstehen und quer durch Schleswig-Holstein fahren. Ich fragte mich, ob es sich überhaupt lohnt, vorher noch ins Bett zu gehen.

Aus dem teilweise sonnigem Wetter wurde leider nichts. Verlasse dich nie auf die Wettervorhersage deines Smartphones! Aber echte Norddeutsche sind ja schon happy, wenn es nicht regnet. Also bemühte ich mich, die Denke meiner Wahlheimat anzunehmen und genoss die Überfahrt bei frischem Wind und kreischenden Möwen. Das Auto – es war ja dieses Mal nur ein PKW – stand zwei Etagen tiefer.

Das kleine Städtchen Wyk war genau das, was man morgens halb sieben erwartet: ruhig, leer, verschlafen. Aber es gab immerhin einen Bäcker, der schon geöffnet hatte. Und da saßen bereits die ersten Frühaufsteher und frühstückten. Was wir dann auch taten und uns über die recht ruppige Art amüsierten, in der die Insulaner offensichtlich miteinander kommunizieren: „Eier ham wir nicht, nur Butter und Marmelade. Was für Brötchen wollen Sie? Kaffee groß oder klein?“

Wyk hat ein paar hübsche ecken, für die ich gerne meine Kamera aus dem Rucksack holte, denn das Licht war gut und es war, wie gesagt, noch menschenleer.

Ansonsten kann man auf Föhr nicht wirklich viel anstrengen. Es gibt eine kilometerlange Promenade, von der man einen schönen Blick auf die Hallig Langeneß hat. Das heißt, wenn man nach Süden blickt, sieht man in der Ferne zahlreiche Warften mit den Umrissen von Häusern, die aus dem Wasser heraus ragen und wie an einer Perlenschnur aufgereiht sind. Im Rücken hat man dann die übliche Ferien-Betonbebauung, deren Fenster- und Balkonwaben eindeutig darauf hinweisen, dass es sich hier um Ferienwohnungen handelt. Aber es gibt schlimmere Ecken.

Ansonsten besteht Föhr aus der Hauptstadt Wyk und einigen kleinen Dörfern, die über die nordisch flache Landschaft verstreut sind. Davon hat uns Nieblum am besten gefallen. Hier gibt es auch das alte friesische Teehaus direkt an der Hauptstraße mit ihrem urigen Kopfsteinpflaster. Wer auf richtig gutem Tee aus aller Welt steht, wird hier sicher fündig. Man kann ihn auch probieren und sich das Wasser dafür aus einem ständig dampfenden Samowar zapfen.

So richtig genießen kann tut man Tee aber besser in der Föhrer Teestube in Nieblum. Das ist gleich um die Ecke in der Poststrat. Auch hier gibt es eine große Auswahl hervorragender Tees und dazu noch den passenden Kuchen. Meine Föhrer Adresse für Tee ist allerdings das Frieische Teehaus in der Großen Straße in Wyk. Nicht nur, weil ich die gut informierte Ladenbesitzerin äußerst nett fand. Auch weil sie auf der Höhe der Zeit ist und unter www.foehrtee.de ihren Tee auch online vertreibt.

Eine Wanderung am Strand ist natürlich ein Muss, wenn man eine Nordseeinsel besucht. Wir haben das Auto am Rande von Witsum geparkt und sind dann Richtung Westen gelaufen. Bei Ebbe kann man hier eine recht weitläufige Tour machen und sogar eine Wattwanderung bis nach Amrum unternehmen. Dafür sollte man sich allerdings einen Führer nehmen, denn die Gegend erfordert doch einige Ortskenntnisse. Unserer Weg führte bis zur Megalithenanlage Sunbering bei Utersum. Dort kehrten wir dann in einem recht guten Strandlokal ein und machten uns auf den Rückweg.

Wer an der Nordsee Urlaub macht, sollte wetterfeste Kleidung dabei haben. Wer testen will, ob die teure Goretex-Jacke auch wirklich wasserdicht ist, sollte einen Strandspaziergang bei Regen und starkem Wind unternehmen. Genau das taten wir – das heißt, es ergab sich einfach – und ja, es lohnt sich, in gute Outdoor-Kleidung zu investieren.

Wer die übliche Fisch- und Bratkartoffel-Küche irgendwann satt hat, ist bei „La Rocca“ gut aufgehoben. Der Italiener liegt direkt am Strand und mit etwas Glück kann man mit Blick auf die Hallig Langeneß richtig gut essen.

Für uns als kleine Abenteurer, die auf Reisen immer etwas Neues entdecken wollen, steht Föhr sicher nicht ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Aber einen Wochenendtrip ist die Insel allemal wert. Und sie ist ein idealer Ausgangspunkt für eine Bootstour zu den Seehundbänken oder zu den Halligen Langeneß und Hooge. Ideal ist sie auf jeden Fall für gestresste Stdtbewohner, die einfach nur abschalten und ihre Ruhe haben wollen. Oder die ein Buch schreiben und dabei von niemand gestört werden wollen. Dann ist sogar das wechselhafte Nordseewetter zweitrangig und ein paar verregnete Tage im Herbst sind genau richtig. Mit dem Vorteil, dass dann fast jede Unterkunft frei und für wenig Geld zu haben ist und man die Fähre nicht schon Tage im voraus buchen muss.