Lübeck: Zwischenstopp bei der Königin der Hanse
Lübeck ist durchaus einen Wochenend-Trip mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil wert. Die alte Hansestadt hat einen gut erhaltenen historischen Stadtkern, der noch viel vom einstigen Reichtum der Stadt erahnen lässt. Hier wurden Willy Brandt geboren und Günter Grass lebte ganz in der Nähe. Auch Thomas Mann stammte aus Lübeck, nach dessen Roman „Die Buddenbrooks“ das zu seinen Ehren errichtete Museum Buddenbrook-Haus benannt wurde. Und wer wissen will, was es mit der Hanse wirklich auf sich hat, kommt am Europäischen Hanse-Museum in Lübeck nicht vorbei.
Wer auf dem Weg nach Skandinavien ist, landet entweder in Puttgarden auf Fehmarn, um nach Dänemark und dann Schweden überzusetzen. Oder er nimmt die Fähre von Travemünde nach Malmö. Beide Wege fahren an Lübeck vorbei und machen die Stadt zum praktischen Zwischenstopp für eine lohnenswerte Fahrpause.
Der am besten gelegene Stellplatz für Wohnmobilisten ist sicher das ehemalige Industrieareal an der Willy Brandt Allee. Er befindet sich am Rand eines vernachlässigten Industrieareals und ist leider optisch alles andere als attraktiv. Ganz in der Nähe gibt es noch einen Wohnmobil-Parkplatz hinter dem großen Busparkplatz an der Musik- und Kongresshalle. Das ist ein relativ kleiner, geteerter Platz mit Blick auf die Altstadt. Die Straße heißt Lastadie. Von beiden Plätzen aus sind alle Sehenswürdigkeiten Lübecks bequem zu Fuß erreichbar.
Wer lieber im Grünen steht oder am nächsten Morgen möglichst schnell auf die Fähre will, ist auch in Travemünde gut aufgehoben. Die Adresse für das Navi heißt hier „Kowitzberg“. Der hintere Teil des großen Parkplatzes ist den Wohnmobilen vorbehalten und bietet auch die nötigsten Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten. Zum Stand sind es zu Fuß nur ein paar Minuten. Es gibt auch einen FKK- und einen Hundestrand. Das alte Seebad Travemünde wird auch die schöne Tochter Lübecks genannt und rühmt sich der längsten Strandpromenade an der Ostsee. Mit dem Bus ist man von hier in einer knappen Stunde in der Altstadt von Lübeck.
Die Wohnmobil-Standplätze in Lübeck und Travemünde kosten übrigens Gebühren, denn in der chronisch defizitären Stadt Lübeck ist nichts umsonst. Die Altstadt selbst ist für Autos jeder Größe vermintes Gebiet, das von zahlreichen Politessen überwacht wird. Aber es gibt fast rund um die Stadt zahlreiche Parkhäuser.
Die Caravan-Fahrer finden am Westufer des Ratzeburger Sees einen recht schönen Campingplatz. Ein weiterer ist in Travemünde oder genauer gesagt in Ivendorf an der Ivendorfer Landstraße. Auch hier gibt es eine Bushaltestelle mit Direktverbindung nach Lübeck.
Das Europäische Hansemuseum wurde erst vor wenigen Jahren eröffnet und ist eigentlich ein Muss für jeden Lübeck-Besucher. Es ist kein herkömmliches Museum mit Zeugnissen aus einer vergangenen Epoche, sondern eine Art multimediale Erlebniswelt rund um das Leben zur Zeit der Hanse. Vom Wohnmobil-Standplatz an der Willy Brandt Allee kann man es zu Fuß erreichen und dabei gleich einen Blick auf den Museumshafen werfen. Mit etwas Glück hat gerade die Lisa von Lübeck angelegt. Es ist der originalgetreue Nachbau einer alten Kraweel, wie sie zur Zeit der Hanse das übliche Transportmittel für den Handel mit dem Baltikum und den skandinavischen Ländern war.
Auch im Holstentor – dem berühmten Wahrzeichen der Stadt – befindet sich heute ein Museum, das durchaus sehenswert ist. Ansonsten gibt es noch das Museumsquartier St. Annen, in dem zahlreiche Zeugnisse aus der Vergangenheit Lübecks zu finden sind. Hier finden aber auch immer wieder interessante Ausstellungen statt.
Wer an Literatur interessiert ist, sollte dem Buddenbrook-Haus und natürlich dem Günter Grass Haus einen Besuch abstatten. Wer politisch angehaucht ist, für den ist sicher das Willy Brand Haus einen Besuch wert. Auf dem Weg dorthin kommt man auch am Museum Behnhaus-Drägerhaus vorbei, wo eine interessante Sammlung des Impressionalismus und immer wieder spezielle Themenausstellungen zu sehen sind.
Auch wenn das Wetter nicht gerade ideal ist, kann man sich also in Lübeck ganz gut beschäftigen.
Es gibt übrigens auch einige Theater in der Altstadt. Zum Beispiel das Volkstheater Geissler für alle, die eher leicht Unterhaltung suchen. Das kleine Theater Kombinale wiederum bietet ein lebendiges, vielseitiges und teilweise experimentelles Programm für Theaterfreunde. Nicht zu vergessen das große Theater Lübecks, in dem man schon so manche Opernaufführung sehen konnte, die es durchaus mit den großen Bühnen aufnehmen konnte. Hier wird in drei Sälen Sprechtheater und Musiktheater geboten. An der Abendasse gibt es fast immer noch Karten (zumindest war das bisher meine Erfahrung).
Wofür Lübeck noch steht? Ganz klar: Marzipan. In der Breiten Straße, direkt gegenüber dem Rathaus ist die alte Konfiserie Niederegger, die Lübecker Marzipan in der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Im Erdgeschoss gibt es einen Laden mit allem, was man aus Marzipan machen kann. Der Geheimtipp ist jedoch das Café im ersten Stock, das sich noch nicht zum Kaffee-Schnellimbiss verändert hat, sondern immer noch die alte Kaffeehaus-Tradition pflegt. Darüber kann man ein kleines Museum zum Thema Marzipan besuchen.
Natürlich sollte man einen ausgedehnten Spaziergang durch die historische Altstadt von Lübeck machen. Die schmalen Häuser mit ihren charakteristischen Vorzeige-Giebeln sind typisch für den Baustil zur Hanse-Zeit. Achten sie mal darauf: Die unteren Fenster sind wesentlich höher als die darüber liegenden. Das ist eine bewusst inszenierte optische Täuschung, durch die das Haus größer wirken soll. Auch die gestuften Giebelfassaden vertuschen wirkungsvoll, dass sich dahinter lediglich das Dachgeschoss befindet.
Achten Sie auch auf die typischen Gänge Lübecks. Manche sind mit einer Türe versehen und daher für den Besucher nicht zugänglich. Andere sind über einen zumeist recht niedrigen Durchlass erreichbar. Auf jeden Fall tut sich dahinter eine Puppenstuben-Landschaft winziger Häuschen auf, die hervorragende Bildmotive abgibt. In Berlin spricht man einfach vom Hinterhof und meint eine nicht unbedingt noble Adresse. Ein Lübecker Ganghaus hingegen ist heute kaum noch zu bekommen und wenn, dann zu horrenden Preisen.
Ein Tipp der besonderen Art ist eine Bootsfahrt auf der Wakenitz. Etwas außerhalb der Stadt tut sich hier eine wahre Urwaldlandschaft auf und man hat nicht das Gefühl, sich zwischen Lübeck und Autobahn zu befinden. Hier verlief früher die deutsch-deutsche Grenze und das ehemals unzugängliche Grenzland wurde in seinem Urzustand belassen. Ein Ökotop, wie man es an vielen Stellen des alten Grenzverlaufs findet.
Wer sein Fahrzeug in Travemünde abgestellt hat, kann auch vormittags eine Fahrt mit der Hanse von Travemünde nach Lübeck machen. Das Schiff legt unten an der Promenade ab, fährt parallel zur ehemaligen „Zonengrenze“ der Trave entlang und legt direkt am Hanse-Museum an. Abends kann man dann mit dem Bus zurückfahren und hat einen erlebnisreichen Tag in einer historisch interessanten Stadt hinter sich.