Experiment: Campingurlaub völlig ohne Campingplatz

Corona-Sommer im Jahr 2021: Urlaub im Ausland war kompliziert und niemand wusste, was gerade wo erlaubt und verboten war. Also entschlossen wir uns notgedrungen zu einer Wohnmobil-Tour entlang der Deutschen Alpenstraße. Und weil wir beide nichts vom Impfen hielten, ließen wir die Campingplätze außen vor und übernachteten zum ersten Mal in unserer Camper-Karriere ausschließlich auf Wohnmobil-Stellplätze. Na ja, fast ausschließlich.

 

Deutsche Alpenstraße von Lindau bis zum Königssee

Die erste Ernüchterung kam gleich in Lindau am Bodensee. Wir kamen am späten Nachmittag an und hatten es sofort mit der Polizei zu tun. Der Streifenwagen hielt neben uns an und der männliche Part der Besatzung fragte, ob wir die Absicht hatten, hier am Straßenrand die Nacht zu verbringen. „Nein, eigentlich suchten wir den Wohnmobil-Stellplatz, aber der scheint sich irgendwie zu verstecken“, war unsere Antwort. Die beiden zeigten sich hilfsbereit: „Fahren Sie uns einfach nach. Der Platz ist tatsächlich etwas schwierig zu finden.“ 

Ja, auch solche Polizisten gibt es.

Und tatsächlich: Nicht ein einzige Schild verwies von der Straße her zu dem recht großzügigen Stellplatz zwischen einem Sportplatz und einer Fabrik. Außer zwei Dixi-Klos gab es hier nichts. Die Ver- und Entsorgungsstation hatte man offensichtlich schon vor längerer Zeit abgebaut. Einen modernen Automaten für die Parkgebühren hatte man sich allerdings geleistet. Am nächsten Morgen tauchte dann auch prompt ein weibliches Wesen mit amtlich-wichtigem Blick auf, um unseren Parkzettel zu inspizieren. Das wäre ein Tagesticket von gestern, meinte sie vorwurfsvoll und forderte uns auf, möglichst schnell ein neues zu lösen. Dieselbe Diskussion führte sie dann mit dem Fahrer jedes einzelnen Wohnmobils, das an diesem Morgen noch auf dem Schotter stand. 

Der Standplatz war zwar bescheiden und der Service gleich null. Dafür fuhr der Bus Richtung Altstadtinsel nur wenige Schritte vom Platz entfernt ab und wir hatten innerhalb einer halben Stunde ein alteingesessenes Lokal mit überdachter Außengastronomie und Blick auf den Bodensee entdeckt. Drinnen zu essen war ja nach Meinung der „Experten“ für Gesunde zu gefährlich und nur mit Impfung oder Schnelltest möglich. 

Wohnmobil-Stellplatz in Lindau am Bodensee

Am nächsten Tag ging es zum Skywalk Allgäu, einem recht beeindruckenden Baumwipfelpfad, von dem man einen großartigen Blick auf den Bodensee und die dahinter aufsteigenden Berge hat. Einen ruhigen und recht angenehmen Platz für die Nacht fanden wir danach am Ausgang des kleinen Ortes Scheidegg. Für pauschal 15 Euro konnten wir uns nicht nur ohne große Umstände ans Stromnetz anschließen. Wir konnten auch am nächsten Tag die komplette Ver- und Entsorgung samt Frischwasser erledigen. 

Ansonsten lernten wir auf unserer Tour recht schnell, dass man sich mit ausreichend Münzen eindecken sollte, wenn man vorhat, auf deutschen Wohnmobil-Stellplätzen zu übernachten. Meist steht da nur ein einsamer Automat für die Parkgebühr und , der Wasserhahn öffnet sich erst nach Einwurf von einem Euro und für das Leeren der Toiletten-Kassette sind sogar 2 Euro fällig. Am Besten, man fängt schon Wochen vor der Tour an, ein Säckchen voller Ein- und Zwei-Euro-Münzen anzulegen. 

Wohnmobil-Stellplatz in Scheidegg im Allgäu

Der nächste Halt war der Große Alpsee bei Immenstadt. Dort fuhren wir gegen Mittag einen nur halb gefüllten Parkplatz an, von wo aus ein gut vierstündiger Wanderweg zur bewirtschafteten Siedelalpe führt. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick auf den See und das ihn umgebende Allgäu.

Als wir abends ziemlich abgekämpft wieder zum Wohnmobil zurückkamen, stand da bereits ein Mann, der sich offensichtlich die Nummer unseres Mobils notierte. Wir fragten ihn, weshalb wir denn hier nicht stehen bleiben durften, obwohl doch der Platz ganz offensichtlich völlig leer ist. Das Ergebnis war ein aufschlussreiches Gespräch darüber, weshalb immer mehr Gemeinden von der zunehmenden Flut an Wohnmobilen genervt sind und Gegenmaßnahmen ergreifen. „Letztes Jahr standen hier noch keine Schilder. Aber es kam regelmäßig vor, dass die Müllabfuhr extra hier raus fahren musste, den Müll wegzuräumen, den die Wohnmobil Leute hinterlassen hatten. Auch waren die Büsche rund um den Parkplatz voll mit Toilettenpapier.“ Er berichtete auch, dass so manches Wohnmobil sein Abwasser nachts einfach in den Schotter laufen lassen würde.

Es sind eben immer ein paar rücksichtslose Schweine, deren Denkhorizont an den eigenen Bedürfnissen zu Ende ist und die allen anderen das Leben erschweren. 

Wobei wir den leisen Verdacht hegten, dass vor allem die Camper die Ursache des Problems sind. Wenn kein WC an Bord ist, bleiben eben die unvermeidlichen Hinterlassenschaften in der Natur zurück und wenn das viele tun, wird es schnell zum Problem für alle. 

Wir fuhren weiter nach Bad Hindelang. Dort sollte es eine alte, wassergetriebene Hammerschmiede geben, die einen Eindruck vom Handwerk früherer Zeiten vermitteln würde. Zu unserer Enttäuschung war jedoch das Wasserrad nur noch Dekoration. Man konnte zwar noch die alten Schmiedehämmer besichtigen, die aber schon lange nicht mehr in Betrieb waren. Es gab zwar noch einen Schmied, der rustikale Bratpfannen herstellte, aber das geschah mit einem modernen, elektrohydraulischen Schmiedehammer. 

Der private Wohnmobil-Stellplatz war nur ein paar Schritte entfernt. Da wurde bei der Einfahrt automatisch die Autonummer erfasst und man musste sich an einem Terminal selbst anmelden und per Kreditkarte online bezahlen. Allerdings schienen die meisten Plätze reserviert zu sein, sodass uns auch nach drei Anläufen eine Buchung nicht gelang. Wir übernachteten daher auf dem Parkplatz der Seilbahn gleich daneben. Wohnmobil-feindliche Schilder konnten wir dort nicht entdecken. 

Als nächstes führte uns das Navi nach Füssen. Dort gibt es gleich mehrere privat betriebene Wohnmobil-Stellplätze in einem Gewerbepark mit Supermärkten. Wir landeten auf dem Platz direkt gegenüber Lidl. Es war zwar nur ein schlichtes, eingezäuntes Areal mit Schotterbelag. Aber es gab Einrichtungen wie auf einem Campingplatz und die Ver-/Entsorgung des Fahrzeugs war auch kein Problem. 

Wer zu den Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau will, sei grundsätzlich gewarnt: Alle Parkplätze in der näheren Umgebung sind für die Übernachtung mit dem Wohnmobil gesperrt. Es empfiehlt sich daher, gleich bei der Anreise einen der genannten Wohnmobil-Stellplätze anzufahren. Wenige Meter entfernt von dem kleinen Gewerbegebiet fährt ein Linienbus zum Bahnhof. Von dort kann man einen weiteren Bus zu den Schlössern nehmen. Sämtliche Busse sind in der Kurtaxe enthalten, die man am Stellplatz ohnehin bezahlen muss. Man sollte nur wissen, dass der Busverkehr ab 20 Uhr ruht und eine Rückkehr zum Platz dann nur noch mit dem Taxi möglich ist. 

Unser nächstes Ziel nennt sich Highline179 und ist Teil der Burgenwelt Ehrenberg am Fernpass. Das liegt zwar in Österreich und damit abseits der Deutschen Alpenstraße. Aber wir wollten anschließend von Ehrwald aus zur Zugspitze fahren, da die Fahrt mit der deutschen Zugspitzbahn mit Verweis auf Corona mit übertriebenen “Maßnahmen“ verbunden war, auf die wir uns nicht einlassen wollten. 

Die Festungsanlage Ehrenberg mit ihrer waghalsigen Hängebrücke über das gesamte Tal ist schon ein Erlebnis, das man sich gönnen sollte, wenn man schon in der Gegend ist. In Österreich begegnet man jedoch Wohnmobilen mit rigorosen Beschränkungen. Wohnmobile gehören auf den Campingplatz, lautet hier die generelle Meinung. Es gibt nur relativ wenige Stellplätze. Eine Übernachtung außerhalb der Campingplätze ist grundsätzlich verboten und mit recht hohen Strafen verbunden. 

Auch die beiden Parkplätze an der Burgenwelt Ehrenberg waren nach 18 Uhr verwaist und mehrere Schilder wiesen darauf hin, dass hier nur tagsüber geparkt werden dürfe. 

Leerer Parkplatz an der Hängebrücke Highline179 mit Übernachtungsverbot

Wir hatten die Idee, direkt zur Tiroler Zugspitzbahn zu fahren, verhaspelten uns aber, weil die geplante Abfahrt vom Fernpass gesperrt war. Also landeten wir am Rasthaus auf dem Fernpass und stellten uns neben ein anderes Wohnmobil, das ebenfalls hier die Nacht verbringen wollte. Eine strafbewehrte Nacht außerhalb vom Campingplatz also, die jedoch ohne Störungen verlief. 

Dasselbe Glück hatten wir an der Talstation der Zugspitzbahn. Dort gibt es lediglich ein Hotel, mit einem angegliederten Campingplatz. Wer dort nächtigen will, darf zwar die Wellness-Anlagen des Hotels benutzen, zahlt aber für das Vergnügen rund 50 Euro - pro Person. Die daneben liegenden Parkplätze sind allesamt für Wohnmobile gesperrt. Auch in der näheren Umgebung gibt es keinerlei Parkmöglichkeiten. Deutlicher kann man wohl nicht sagen, dass Wohnmobile hier nicht erwünscht sind. Da die Parkplätze weitgehend unbelegt waren, haben wir uns allerdings dennoch die Freiheit erlaubt, uns ein abgelegenes Ecken zu suchen und wurden nicht behelligt. 

Nach der Fahrt auf die teilweise wolkenverhangene Zugspitze verließen wir das feindliche Österreich und fuhren weiter nach Garmisch-Partenkirchen. Unser Ziel war der Wohnmobil-Standplatz an der Talstation der Wankbahn. Dort gibt es drei Parkebenen, die ausschließlich Wohnmobilen vorbehalten sind. Im Gebäude der Seilbahn gibt es Toiletten und eine Dusche. Ver- und Entsorgung sind ebenfalls gesichert. Der Aufenthalt ist recht angenehm und bei Komoot findet man sogar einen Wandervorschlag direkt vom Platz zur beliebten Partnachklamm. 

Wohnmobil-Stellplatz in Garmisch-Partenkirchen

Wir fuhren noch am selben Tag weiter und landeten am Walchensee. Der Wohnmobil-Standplatz im Orteil Einsiedel ist recht teuer, wenig attraktiv und bietet keinerlei Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten. Wir wechselten daher zum Frühstück auf einen nahe gelegenen Parkplatz direkt am See, wo wir vor der Weiterfahrt noch eine Runde im kühlen Wasser schwammen. 

Auch am Tegernsee sind Wohnmobile eher nicht willkommen. Imgleichnamigen Ort kann bestenfalls der Parkplatz hinter dem Edeka-Markt empfohlen werden. Hier werden anscheinend Wohnmobile zumindest toleriert. Aber der Platz war völlig zugeparkt und wir irrten eine Weile durch den Ort mit seinen unzähligen Verbotsschildern, bis wir an einer am Sonntag wohl kaum aktiven Baustelle eine Ecke fanden, um das Fahrzeug abzustellen.

Nach einem ausführlichen Rundgang durch Tegernsee fuhren wir nach Gmund. Dort nannte der Stellplatz-Führer einen Platz am Oedberglift im Freizeitzentrum am Rande des Ortsteils Ostin. Der Platz gehört den Betreibern eines recht guten Restaurants und bietet alles, was man von einem Wohnmobil-Standplatz erwartet. Man steht auf terrassenartig angelegten Arealen mit Blick über die Umgebung. 

Bis zum Chiemsee war erst mal eine gehörige Strecke Landstraße und Autobahn angesagt. Aber die Gegend schien uns zu überlaufen und irgendwie auch nicht wirklich attraktiv und so fuhren wir zum deutlich kleineren Waginger See weiter. Am Rande des Ortes Waging am See checkten wir bei einem großen, luxuriösen Campingplatz ein. Den eigentlich vorgeschriebenen Corona-Schnelltest (den wir ohnehin nicht hatten) wollte hier genauso niemand sehen, wie im vorzüglichen Restaurant des Platzes, wo wir uns mal wieder ein ausführliches Menü gönnten. 
Das ermutigte uns geradezu dazu, für die letzte Etappe unserer reise ebenfalls einen Campingplatz anzufahren. Der im Stellplatzführer als äußerst unfreundlich beschriebene Campingplatz von Schönau am Königssee erwies sich als ein recht angenehmer Aufenthaltsort. Auch dort schien sich niemand um irgendwelche Corona-„Maßnahmen“ zu scheren, auch wenn überall entsprechende Hinweisschilder herumhingen. Genauso wenig, wie im Biergarten eines Wirtshauses am Ort, das seine Gäste mit deftig bayrischer Kost bewirtet. 

Irgendwie hatten wir das Gefühl, dass die Gastgeber das ganze Thema allmählich genauso satt haben wie ihre Gäste. Irgendwie tut man zwar proforma, was gefordert wird. Aber man weiß durchaus, dass all die widersprüchlichen und überzogenen Einschränkungen von Söders Gnaden eigentlich keinen Sinn machen. Corona ist zwar durchaus real. Aber solange sich die allgemeine Sterberate und irgendwo hinter dem Komma verändert durchaus nicht der Killervirus, zu dem er hochgehypt wird. 

Wir gehören eigentlich eher zu den komfortbewussten Campern. Zwar stehen wir mit dem Wohnmobil durchaus auch mal in der freien Natur, aber in aller Regel suchen wir spätestens nach drei Tagen den Komfort eines Campingplatzes auf. Ein Wohnmobil ist zwar einigermaßen autark. Aber die Volumina der einzelnen Tanks zeigen doch in der Praxis recht enge Grenzen auf. 

Um das Ergebnis des Experiments zusammenzufassen: Die zweiwöchige Reise entlang der Deutschen Alpenstraße hat uns eindeutig in unserer bisherigen Philosophie bestärkt. Die meisten Wohnmobil-Standplätze sind eigentlich eine Zumutung. Meist liegen sie an eher unattraktiven Orten und man hat das Gefühl, dass sie nur deshalb angelegt wurden, weil die Gemeinde darin eine weitere Möglichkeit sah, ohne wesentliche Kosten neue Einnahmen zu generieren. Bei einigen Plätzen sind wir daher auch sofort weitergefahren. Es ist schließlich kein Vergnügen, auf einem Parkplatz zu nächtigen, auf dem ein Fahrzeug dicht neben dem anderen steht und jedes „Campingverhalten“ grundsätzlich untersagt ist. Das machen wir auch künftig nur, wenn es anders nicht geht. Aber es ist für uns alles andere als ein Urlaubsgenuss. 

Die viel gepriesene Reisefreiheit mit dem Wohnmobil ist eben zumindest in den touristisch interessanten Orten mittlerweile nur noch eine Illusion. Dort kann man vielleicht in der absoluten Nebensaison noch frei stehen und hoffen, dass man keinen übereifrigen Straßenräuber vom Ordnungsamt auf den Plan ruft. Ansonsten ist die Übernachtung mit dem Wohnmobil mittlerweile streng reguliert und eigentlich nur noch auf den Plätzen möglich, die die Gemeinde extra dafür vorgesehen hat. Meist ist das lediglich eine Schotterfläche oder eine Ecke auf einem ohnehin vorhandenen öffentlichen Parkplatz. Auf jeden Fall handelt es sich dabei nicht um Orte, an denen man seinen Urlaub verbringen möchte. 

Parkplatz am Skywalk Allgäu mit Übernachtungsverbot