Urlaub mit Bus & Bahn? Ja, aber …

 

Manchmal geht alles schief und der lange anvisierte Urlaub scheint sich in letzter Minute in Luft aufzulösen. Zum Beispiel, wenn man mit dem Auto anreisen will und dieses plötzlich den Geist aufgibt. Wir haben es alternativ mit dem Bus probiert und dabei sehr gemischte Erfahrungen gemacht.

Wie wichtig der Individualverkehr ist und wie flexibel man mit dem eigenen Auto unterwegs ist, wird einem erst dann deutlich, wenn eben dieses Auto von heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung steht. Dann müssen gewohnheitsmäßige Autofahrer umdisponieren und lernen dabei eine völlig andere Welt kennen. So ging es uns im Sommer 2022 und es war eine durchaus interessante Erfahrung.

Ich hatte gerade frisch getankt und wollte in die Garage fahren, als es passierte. Der Wagen war ein Renault Talisman, der mir als Fahrer freundlich die Türen öffnet, sobald ich mich ihm nähere und auch sonst so einige elektronische Gimmicks drauf hat, an die man sich schnell gewöhnt habe. Doch am Tag vor der Abreise trat er in den Streik. „Stop“ blinkte es warnend im Head-Up-Display. „Elektrischer Fehler“ meinte eine andere Anzeige. Der Motor lief zwar völlig normal, aber irgendetwas schien nicht in Ordnung zu sein.

Der wagen hatte seine bisherigen drei Lebensjahre eigentlich keine Probleme gemacht. Gelegentliche Eigenheiten der Elektronik verschwanden meist von selbst, sobald man den Motor ausgeschaltet und den Systemen etwas Zeit zum Nachdenken gegeben hatte. Also tat ich genau das – und bewirkte damit, dass überhaupt nichts mehr funktionierte. Kein Anlasser, kein Fensterheber, nichts. Zwar blinkte es überall aufgeregt, aber das Fahrzeug blieb tot.

Die Renault Assistance reagierte recht schnell, aber die Diagnose des Pannenhelfers war ernüchternd: Lichtmaschine kaputt. Also wurde das Gefährt zur Werkstatt geschleppt und dort meinte man am nächsten Morgen, dass die Werkstatt samstags leider nur Notdienst hatte und man sich erst am Montag um das Problem kümmern konnte. Mit anderen Worten, vor Montagabend würden wir kaum in den Urlaub starten können. Frühestens.

Zwei, drei Urlaubstage würden also ins Wasser fallen. Mindestens. Denn wenn die Werkstatt erst irgendwelche Teile bestellen musste, könnte es auch schnell ein paar Tage länger dauern.

Also dachten wir über Alternativen nach.

Das Urlaubsziel war ein kleines Hotel  in der Nähe von Meran in Südtirol. Dort oben im Passeiertal wollten wir uns zehn Tage lang anstrengen, in den Bergen wandern und auch den einen oder anderen Trip in die nähere Umgebung machen. Mit dem eigenen Auto alles kein Problem. Aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln?

Meran, so stellte sich heraus, war durchaus auch ohne eigenes Auto zu erreichen. Mit der Bahn hätten wir vom norddeutschen Lübeck aus insgesamt sechsmal umsteigen müssen. Eine Horrorvorstellung, wenn man die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn kennt. Wesentlich stressfreier schien uns da der Flixbus zu sein. Er fuhr über Nacht von Lübeck nach München und von dort aus direkt nach Meran. Ankunft gegen 17 Uhr.

Doch hoch ins Passeiertal würden wir am Sonntagabend nicht mehr kommen, sagte der Fahrplan. Zwar fuhr bis nach St. Leonhard alle 15 Minuten ein Bus. Aber den letzten Bus bis zum Hotel Jägerhof würden wir nicht mehr bekommen. Also mussten wir 80 Euro in die Hand nehmen und ein Taxi nehmen. Öffentlicher Nahverkehr hat eben seine Grenzen.

Das Hotel Jägerhof erwies sich als echter Glücksgriff. Ich hatte es ausgewählt, weil auf der Website „erstklassige Geschmackserlebnisse“ versprochen wurden. Vom Land Südtirol war der Jägerhof, als einziger Betrieb im Passeiertal, als Vorbildbetrieb mit der Plakette „Südtirol: Einheimisch genießen“ ausgezeichnet worden. Auch in den wichtigsten Restaurantführern wird er positiv erwähnt. Unsere Erwartungen waren also hoch, denn wir zählen beide zu den Menschen, die Essen nicht nur als Nahrungsaufnahme, sondern als Genuss empfinden.

Die Fahrt mit dem Linienbus über zahlreiche Serpentinen bis auf 1.300 Meter ist schon ein Erlebnis. Doch die Fahrer kennen ihr Revier und bleiben auch dann ganz gelassen, wenn eine scheinbar unmögliche Begegnung mit einem LKW oder einem Wohnmobil ansteht, dessen Fahrer dabei sichtbar ins Schwitzen gerät. Allerdings: So ganz zuverlässig ist der Linienverkehr nicht. Wir haben zumindest mehrmals vergeblich auf einen Bus gewartet, der eigentlich auf dem Fahrplan stand.

Hat man erst mal sein Zimmer bezogen, spürt man schnell, dass man sich hier oben weitab von aller Alltagshektik befindet. Der Ausblick ist einfach grandios und wir sind an so manchem Abend einfach nur auf dem Balkon gesessen, haben einen guten Tiroler Wein getrunken und die Natur genossen. Wobei das Hotel einen hervorragenden Weinkeller hat und wir die Gelegenheit nutzen konnten, um all die Weine zu genießen, die typisch für Südtirol sind. Darunter auch Rebsorten, von denen wir noch nie etwas gehört hatten.

Wer an einen Wanderurlaub denkt, findet im Jägerhof eine ideale Ausgangsbasis für anspruchsvolle und auch leichtere Bergwanderungen. Hier oben am Jaufenpass kann man zum Schneeberg mit dem höchstgelegenen Bergwerk Europas wandern. Eindrucksvoll ist aber auch eine Wanderung durch die Passerschlucht von St. Leonhard aus. Das Hotel bietet ständig geführte Wanderungen aller Schwierigkeitsgrade an. Aber auch auf eigene Faust kann man sich interessante Touren zusammenstellen. Zum Beispiel auf dem Römerweg hinunter nach St. Leonhard und dann mit dem Bus wieder zurück.

Wer in diese Gegend kommt, muss natürlich auch einen Tag im malerischen Städtchen Meran einplanen. Mit dem Bus dauert das gut eineinhalb Stunden. Aber man sollte spätestens um drei Uhr nachmittags an die Rückreise denken. Denn, wie gesagt, auf die Busse ist nicht immer Verlass und andere Hotelgäste haben uns berichtet, dass sie in St. Leonhard ein Taxi auftreiben mussten, um noch rechtzeitig zum Abendessen ins Hotel zurück zu kommen. Wer im Urlaub nur mit Bus und Bahn mobil ist, ist eben auf eine Infrastruktur angewiesen, die nicht immer reibungslos funktioniert und auch nicht immer dann zur Verfügung steht, wenn man sie braucht. Da kann es dann schon mal zu längeren Wartezeiten kommen, die irgendwie überbrückt werden wollen.

Eigentlich hatten wir ja an eine Tagestour in die Festungsstadt Sterzing geplant. Auch Bozen, die Hauptstadt der Region, stand ursprünglich auf dem Plan. Aber angesichts der problematischen Verkehrsanbindung haben wir dann doch darauf verzichtet und sind weitgehend oben in den Bergen geblieben. Urlaub ohne Auto hat eben so seine Einschränkungen. Aber irgendwie trägt die eingeschränkte Mobilität auch dazu bei, einen Gang runter zu schalten und sich einfach nur der Ruhe und Abgeschiedenheit hinzugeben. Außerdem hat es auch durchaus seinen Reiz, nicht ständig selbst zu fahren und im Wesentlichen nur die Straße zu sehen, sondern sich fahren zu lassen und dabei aus dem Fenster sehen zu können.

In der Summe sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ein Leben ohne die individuelle Mobilität des eigenen Autos durchaus machbar ist. Aber so richtig mobil und frei fühlte man sich eigentlich nur dann, wenn man uneingeschränkt über seine Zeiten und Ziele bestimmen kann. Wer sich allein auf die öffentliche Infrastruktur verlässt, muss eben mit Einschränkungen leben. Und er muss viel Zeit mitbringen, ständig irgendwelche Fahrpläne im Hinterkopf haben und sich bewusst sein, dass nicht er über den Verlauf des Tages bestimmt, sondern der Bus- oder Bahnfahrplan.