Von der Freiheit, auf eigene Faust zu reisen

Für die meisten Menschen ist Urlaub schlicht und einfach eine Frage von Buchen und Reservieren. Da werden Reiseportale durchsucht und Preise verglichen. Es geht um Pauschalangebote, um all inclusive, um das ganz große Schnäppchen. Und das alles bereits kurz nach Weihnachten, denn wer schneller ist, kriegt die besten Plätze. Ich frage mich allerdings, wovon haben solche Leute eigentlich zu berichten, wenn sie aus einem Urlaub zwischen Strand und Hotel zurückkommen. Was haben sie erlebt? Welche neuen Eindrücke haben sie gesammelt? Worüber können sie erzählen?

Als Kind war ich immer neidisch, wenn meine Schulkameraden davon berichteten, wo sie in den Ferien waren. Von Mallorca war da die Rede, von Italien und von irgend einer Costa. Meine Eltern hingegen standen auf Wandern und meine Erlebnisse beschränkten sich auf den Schwarzwald oder bestenfalls die Alpen. Irgendwann hole ich das alles nach, war mein fester Vorsatz, der mich begleitete, bis ich mein erstes eigenes Geld verdiente.

Doch dieses irgendwann kam nie und ich habe nie in meinem Leben eine Pauschalreise gebucht. Wenn ich schon nach Spanien fahre, dann will ich Spanien kennenlernen, war meine Vorstellung. Oder Frankreich. Oder Italien. Oder all die anderen Länder in die mich meine Eltern nie mitgenommen haben.

Die ersten Reisen habe ich mit meiner Ente unternommen. Ganz gemütlich mit offenem Rolldach und satten 28 PS aus zwei Zylindern. Doch jeden Abend ein Hotel suchen, war irgendwie nicht ideal. Also wurde das nächste Auto ein sonnengelber Campingbus. Das heißt, es war ein gebrauchter Bulli mit 9 Sitzen, den ich selbst zum Camper ausbaute. Komplett mit Aufstelldach, klappbarem Bett, Kleiderschrank, Herd, Spüle und Kühlschrank. Mein Traum wäre ja eigentlich ein Sven Hedin gewesen, also ein ausgebauter VW-Transporter mit Hochdach. Aber Träume sind eben das, was man gerne hätte.

„Home is where you take it“, war meine Devise und meine damalige Frau teilte glücklicherweise meine Leidenschaft fürs Camping. Es dauerte nicht lange und wir hatten all die Reiseziele abgehakt, die auf meiner Wunschliste standen. Nur eine der berühmten Costas aus den Reisekatalogen war nie dabei. Einfach mit all den langweiligen Normalos am Strand abhängen war eben noch nie mein Ding.

Als unsere Tochter geboren wurde, wurde aus dem Campingbus ein kleiner Caravan, der im Laufe der Jahre durch ein immer größeres Modell ersetzt wurde. Am Ende waren die Kinder aus dem Haus und wir zogen mit einem Chrysler Voyager los, der einen fast sechs Meter langen Bürstner zog. „Ich arbeite sieben Tage in der Woche, aber fünfmal im Jahr mache ich Urlaub“ stand damals auf der Website, mit der ich meine Dienste als Werbetexter, Übersetzer und Fachjournalist anbot.

Genau so verlief auch mein Leben. Oft habe ich den Wohnwagen in den Osterferien nach Südfrankreich gezogen, um ihn dort stehen zu lassen und an Pfingsten für zwei Wochen wiederzukommen. Auf jeden Fall schätzte ich die Reisefreiheit, die eben nur ein Urlaub auf eigene Faust bot. So mancher Sommerurlaub wurde einfach so lange verlängert, bis der erste Kunde anrief und mit einem Auftrag drohte. Manchmal stand das Gespann auch reisefertig auf dem Hof und musste noch warten, weil in letzter Minute noch ein Auftrag reingekommen war, der keinen Aufschub duldete.

Mittlerweile habe ich das Alter erreicht, in dem man normalerweise als Rentner bezeichnet wird und an Arbeit nur noch zurückdenkt. Doch vom Rentnerdasein habe ich noch nichts gemerkt. Da mir der Job noch immer Spaß macht und ziemlich interessant ist, texte, schreibe und übersetze ich immer noch. Und weil ich meiner Arbeit überall nachgehen kann, wo es Strom und Internet gibt, entsteht so mancher Text ganz einfach zwischendurch auf Reisen. Oder ich nutze einen regnerischen Reisetag, um mich einfach an einen schönen Platz zu stellen und an meinen Büchern zu schreiben, die irgendwie nicht fertig werden wollen.

Ich bin auch beruflich seit vielen Jahren mit der Caravan- und Reisemobil-Branche verbunden. Unzählige Produktprospekte stammen aus meiner Feder. Zum Beispiel von Bürstner, Carthago, La Strada, Hobby oder Truma. Und ich bin heute häufiger mit einem Reisemobil unterwegs und halte meine Touren in Reiseberichten fest, die in einem Kundenmagazin und hier bei Mannsichten zu lesen sind.

Auch wenn es inzwischen immer mehr Caravans und Reisemobile gibt und deren Nutzung besonders in Deutschland zunehmend reglementiert wird, es gibt nach wie vor keine flexiblere Form des Reisens. Man muss sich nicht Monate im voraus festlegen. Man muss nicht rechtzeitig irgend ein Hotel buchen. Man kann je nach Wetterlage nach Norden oder in den Süden fahren. Man kann seine Pläne jederzeit ändern. Man kann auch mal ganz spontan übers Wochenende losziehen. Man schläft in seinem eigenen Bett, benutzt seine eigene Dusche und kann sich jederzeit entscheiden, ob man sich schnell selbst etwas zubereiten oder schick essen gehen will.