Die Camper-Zukunft wird nie elektrisch sein

Die Zukunft ist elektrisch, so kann man es in allen Blättern lesen und es wird von Schadstoffen, Feinstaub und CO2 geredet. Dahinter steckt viel Ideologie und wenig Sachverstand. Viel politischer Wille und wenig Akzeptanz unter denen, die davon betroffen sind. Doch was wird das für Caravaner und Wohnmobil-Fahrer bedeuten? Wird die mobile Freizeit noch das sein, was sie heute ist?

Rein physikalisch gesehen ist ein Wohnmobil nichts anderes als ein Transporter mit fest eingebauter Ladung. Und wie bei jedem Transporter dreht sich alles um Leergewicht und Nutzlast. Je schwerer das Fahrzeug selbst ist, desto weniger kann man zuladen – Hemden, Hosen, Bettwäsche, Töpfe, Vorräte, Sportgeräte. Eben alles, was immer das Camperleben ausmacht.

Bei den Transporteuren hat man das Thema Elektro-Transporter eigentlich schon abgehakt. DHL hat extra eine Startup gekauft, das sich mit E-Transportern beschäftigte und bereits ein fertig entwickeltes Fahrzeug vorweisen konnte. In Hamburg ging man damit in den ersten Feldversuch. Das Fahrzeug schaffte zwar mit einer Akkuladung gerade mal 150 km, aber das schien den Projektverantwortlichen ausreichend zu sein, um Pakete und Päckchen in der Innenstadt auszuliefern. Tagsüber ausliefern, über Nacht laden, lautete das eigentlich recht simple Konzept.

Doch die Praxis sah anders aus. Bei normalem Wetter ließ sich der Transporter namens Streetscooter nutzen wie jeder andere Transporter auch. Doch wenn die Fahrer im Sommer das Kühlsystem oder im Winter die Heizung zuschalten wollten, war eine Rückkehr ins Depot nicht mehr gewährleistet. Die Fahrer konnten also wählen: entweder warme Füße oder pünktlicher Feierabend. Im Winter nimmt nämlich die Akku-Kapazität eines E-Fahrzeugs deutlich ab – und damit seine ohnehin recht magere Reichweite.

Das vorläufige Aus für den Streetscooter wurde jedoch nicht durch die Reichweitenprobleme ausgelöst, sondern war die Folge mehrerer Brände, die jeweils ein geschrottetes Fahrzeug zurückließen, das niemand entsorgen konnte.

Mehr Reichweite hätte jedoch beim Streetscooter einen deutlich größeren Akku erfordert und damit die ohnehin nicht üppige Zuladung weiter beschränkt.

Auch beim Wohnmobil ergibt sich das Problem Eigengewicht und Zuladung. Zwar entfallen beim Elektroantrieb Motorblock und Getriebe. Aber dafür muss Platz für einen großen und schweren Akku geschaffen werden. Nur zum Vergleich: Ein Tesla S wiegt leer 2108 kg. Davon macht allein der Akku mit allem drum und dran rund 1000 kg aus.

Das erste marktreife Elektro-Wohnmobil trägt den Markennamen Iridium und wird von dem Unternehmen WOF au dem schwäbischen Weilheim vertrieben. https://www.iridium-wohnmobile.de/ Vorgestellt wurde das Fahrzeug auf einem modifizierten Fiat Ducato-Fahrgestell auf der CMT 2019. Der Hersteller benutzt natürlich die gängigen Vokabeln aus der grünen Szene und spricht vom „nachhaltigen Reisen und Campen“.

Laut Hersteller soll das Iridium Wohnmobil eine Reichweite von 400 km haben. Wer die Szene kennt, weiß jedoch auch, dass solchen Aussagen meist recht idealistisch sind und in der Praxis in aller Regel deutlich niedriger ausfallen. Man kann daher wohl davon ausgehen, dass das Fahrzeug bei einigermaßen flotter Berg- und Talfahrt, laufender Heizung oder aktiver Kühlung kaum mehr als 200 km schaffen wird. Wobei eine richtig flotte Fahrt eigentlich nicht möglich ist, denn als Höchstgeschwindigkeit werden ganze 80 km/h angegeben.

Der Hersteller gibt sich leider sehr zugeknöpft, was genauere technische Daten des Fahrzeugs angeht. Das Gesamtgewicht wird mit 4.000 kg angegeben. Die erste Serie ist auf 50 Stück begrenzt. Viel mehr Fahrzeuge dürften sich allerdings bei einem Preis von um die 170.000 € auch nicht an den Mann oder die Frau bringen lassen. Dafür kann man sich gleich vier vergleichbare Fahrzeuge mit Dieselmotor kaufen.

Die Frage ist daher: Wer kauft sich so etwas? Wer will ein Wohnmobil, das nur einen Bruchteil der Freiheit bietet, die man von so einem Fahrzeug eigentlich erwartet?

Die ganz große Ernüchterung stellt sich allerdings ein, wenn man sich die Ladezeiten des Mobils ansieht. An der ganz normalen 3,6 kW-Steckdose (wobei die Steckdosen vieler Campingplätze gedrosselt sind und wesentlich weniger Leistung liefern) muss man das Fahrzeug 30 Stunden lang aufladen. Das ist eine ganze Nacht den darauffolgenden Tag und die nächste Nacht noch dazu. An einer öffentlichen Ladestation (11/22 kW) sind es immerhin noch 5 bis 6 Stunden. Und selbst an einer öffentlichen Schnellladestation (50 kW) muss man sich 2,5 Stunden Zeit nehmen.

Das heißt also: Maximal 3 Stunden fahren und 2,5 Stunden laden. Ein kleiner Wochenendtrip vom Ruhrgebiet an die Ostsee ist also mit diesem Fahrzeug ein echtes Problem. Und das für diesen Preis.

Natürlich wird sich die Technik im Laufe der Zeit noch verbessern. Auch billiger werden die Fahrzeuge werden. Aber ein Quantensprung ist eher nicht zu erwarten. Woraus man schließen darf, dass Elektromobilität für längere Strecken und/oder schwerere Fahrzeuge eher nicht die erste Wahl ist. Nicht nur heute, sondern auch für die absehbare Zukunft.

Das weiß mittlerweile DHL und hat mittlerweile zähneknirschend sein Streetscooter-Projekt beendet. Das weiß auch Flixbus und hat sein erstes bescheidenes Elektrobus-Experiment kurzerhand begraben. Und das merken auch immer mehr städtische Verkehrsbetriebe, die noch vor einem Jahr ihre gesamte Flotte auf Elektroantrieb umstellen wollten und schon mit den ersten drei Fahrzeugen so viele Probleme hatten, dass sie die Idee für gescheitert ansehen.

Das wissen auch die Automobilhersteller, die zwar viel Geld in Elektroautos versenken, aber nach wie vor die Autos bauen, die nachgefragt werden.