Schwarzwald: Auszeit wenn alle anderen weg sind

Wer außerhalb der sommerlichen Hauptsaison verreist, genießt eine Reihe entscheidender Vorteile: Die Straßen sind genauso leer wie die Parkplätze. Die Natur ist frei von Gelegenheitswanderern mit falschem Schuhwerk. In den Restaurants gibt es wieder Service. Und an den Sehenswürdigkeiten kann man sehen und fotografieren, ohne sich vordrängeln zu müssen.

Das war zumindest meine Erfahrung, als ich mich im Oktober ins Wohnmobil setzte, um eine Woche durch den Schwarzwald zu touren. Das Wetter war durchwachsen, wie man es um diese Jahreszeit erwarten muss. Aber der Erholungsfaktor war großartig. Ich wählte den klassischen Einstieg über Baden-Baden und die Schwarzwaldhochstraße.

Oben am Mummelsee herrschte dichter Nebel und selbst eine Busladung Tagestouristen konnte nicht viel mehr tun, als sich ins Restaurant zurückzuziehen und Schwarzwälder Torte zu essen. Erst beim zweiten Anlauf ein paar Tage später war der Spuk wieder vorbei und der malerische Bergsee erlaubte einen Blick bis ans andere Ufer.

Kurz vor Freudenstadt landete ich beim Campingplatz Langenwald, der für die nächsten zwei Tage mein Ausgangspunkt sein sollte. Der Platz ist ein wahres Schmuckstück. Er liegt an einem Flusslauf inmitten mächtiger Schwarzwaldtannen und vermittelt das Gefühl, irgendwie ganz weit weg von jeder Zivilisation zu sein. Mein Tablet verriet mir, dass es hier kostenloses WLAN gibt und ich konnte natürlich nicht widerstehen, mit meiner Alltagswelt Kontakt aufzunehmen, aus der ich mich ja eigentlich ausklinken wollte.

Bier brauen gestern und heute

Wer schon hier ist, sollte unbedingt nach Alpirsbach fahren. Dort findet sich eine der ältesten Brauereien Deutschlands, die Interessierte jeden Tag punkt 13:30 Uhr zu einer Führung einlädt. Die Karten dafür gibts im kleinen Brauereiladen nebenan. Ich hatte das Glück, auf Bruno Fischer zu treffen. Der liebenswürdige alte Herr kannte viele Geschichten aus der Zeit, als Bier noch mit Eis aus dem Weiher gekühlt und mit der Pferdekutsche geliefert wurde.

Die recht einfache Technik aus jener Zeit kann noch heute besichtigt werden. Mittlerweile sind Brauerei und Flaschenabfüllung allerdings an unterschiedlichen Orten untergebracht und mit einer Bier-Pipeline miteinander verbunden. Fischer behauptete, der Bau der Pipeline wäre unter größter Geheimhaltung verlaufen, damit später niemand auf die Idee kommen konnte, das unterirdische Rohr anzuzapfen. Aber in einem Ort, in dem fast jeder bei der Brauerei arbeitet, ist das ohnehin unwahrscheinlich. Jedem Mitarbeiter steht nämlich pro Woche ein Kasten Freibier zu, der allein für die eigene Kehle bestimmt ist.

Erinnerung an die Uhrenzeit

Schramberg ist der ideale Ort für einen verregneten Herbsttag. Während im 18. Jahrhundert vor allem Waldirtschaft und Flößerei das Leben im Schwarzwald bestimmten, entwickelte sich die Region im 19. Jahrhundert immer mehr zum Synonym für die Kuckucksuhr. Die wird auch an unzähligen touristischen Brennpunkten angeboten, auch wenn die heutigen Exemplare meist aus fernöstlicher Fertigung stammen.

Im 20. Jahrhundert entstand vor allem in Schramberg eine florierende Uhrenindustrie. Vor allem der Name Junghans hat sich aus jener Zeit eingeprägt. Doch als die gute alte Feinmechanik der Digitaltechnik weichen musste, war es auch bald mit dem alten Glanz vorbei. Heute beherbergen die alten Junghans Fabrikgebäude ein recht eindrucksvolles Museumsviertel, in dem man sich gut und gerne einen Tag aufhalten kann.

Im liebevoll ausgestatteten Uhrenmuseum kann man die Geschichte der Uhr verfolgen und lernt die Arbeitsweise der Feinmechaniker kennen, die hier über Generationen zu Hause waren. Welche Freude so ein Feinmechaniker bei der Arbeit mit Blech und Metall hat, verdeutlicht auch das Modelleisenbahn-Museum gegenüber. Hier kann man eine wirklich eindrucksvolle Anlage der Spur 1 bewundern, die ständig im Betrieb ist. Jede Lokomotive und jeder einzelne Wagen, der hier rollt, ist ein Unikat und das Ergebnis penibler Handarbeit.

Junghans war übrigens ein begeisterter Autoliebhaber und hat im Laufe seines Lebens ein ganzes Museum an Oldtimern angesammelt. Genau genommen sind es zwei Museen, in denen man äußerst seltene Exemplare findet, bei denen nicht nur Autofans feuchte Augen bekommen.

Wie man früher lebte

Wie ein Schwarzwaldhaus aussieht, kennt vermutlich jeder von der Postkarte. Noch heute stehen Hunderte davon in der Landschaft. Die schönsten Exemplare kann man im Fleilichtmuseum Vogtsbauernhöfe bewundern. Das weitläufige Areal liegt bei Gutach und bildet eine Sammlung uralter Bauernhöfe, die aus dem ganzen Schwarzwald zusammengetragen und hier wieder originalgetreu aufgebaut wurden.

Man braucht nicht viel Fantasie, um sich das Leben auf einem Bauernhof zu früheren Zeiten vorzustellen. Und man lernt dabei, wieder die Bequemlichkeit von heute zu schätzen, die wir alle doch irgendwie für selbstverständlich halten.

Früher, das bedeutete im Schwarzwald neben Landwirtschaft, Wald, Flößen und Uhren auch Glasbläserei. Diese alte Handwerkskunst, die ja mittlerweile fast ausgestorben ist und nur noch vereinzelt in Form vollautomatischer Fabriken fortbesteht, kann man im kleinen Schwarzwalddorf Wolfach aus nächster Nähe erleben.

In der Dorotheenhütte kann man mit eigenen Augen sehen, wie aus einem Klumpen Glas eine eindrucksvolle Vase mit kunstvollen Verzierungen wird. Für ein paar Euro kann sich sogar jeder Besucher seine ganz persönliche Vase blasen lassen und mit nach Hause nehmen.

Freiburg zwischen Wein und Schwarzwald

Wenn Baden-Baden der optimale Einstieg in eine Rundfahrt durch den Schwarzwald ist, dann ist Freiburg der würdige Ausklang. Meine letzte Nacht im Wald verbrachte ich in irgend einem malerischen Tal im Hochschwarzwald. Irgendwo zwischen Titisee und Schluchsee suchte ich vergeblich einen Campingplatz und landete schließlich auf diesem kleinen Plateau direkt über dem Tal, auf dem es mir so gut gefiel, dass ich spontan beschloss, einfach in freier Natur zu übernachten.

Am nächsten Tag ging es dann über das wilde Höllental Richtung Freiburg. Gleich am Ortseingang liegt der Campingplatz Möslepark. Es empfiehlt sich, das Mobil hier stehen zu lassen und die Stadt zu Fuß zu erkunden. Nach einem kleinen Spaziergang durch einen Park kommt man zur nächsten Straßenbahn-Haltestelle und landet schnell und unkompliziert mitten in der Altstadt.

Hier kann man herrlich durch alte Gassen bummeln. Man findet unzählige Fotomotive und kann den Abend nutzen, um den Unterschied von der eher deftigen Schwarzwälder Küche zur badischen Variante mit ihrem deutlich französischen Einfluss zu erleben.