Colmar: Charmante Weinhauptstadt im Elsass

Colmar liegt an der Elsässer Weinstraße in etwa zwischen Strasbourg und Mulhouse. Wer ins südliche Frankreich fährt, kommt fast automatisch hier vorbei. Wer im Süden Deutschlands oder im Norden der Schweiz wohnt, hat es nicht weit bis zu dieser liebenswerten Stadt, die zu jeder Jahreszeit zum Flanieren, Fotografieren und Schlemmen einlädt und immer einen Wochenendtrip wert ist. 

Wir waren auf dem Rückweg vom Midi Pyrénées und nach fünf Stunden auf der Autoroute machte sich allmählich der Wunsch bemerkbar, eine Ruhepause einzulegen und einen schönen Platz für die Nacht zu suchen. Der Campingführer schlug Camping de L’Ill vor, der sich direkt an dem kleinen Flüsschen erstreckt und nicht weit von der Ausfahrt entfernt war. 

Die Autobahnen im Elsass sind übrigens kostenlos. Wir nehmen daher immer die wenig befahrene A35, wenn wir auf dem Weg ins südliche Frankreich sind. Über diese Strecke fährt es sich wesentlich entspannter, als über die hektische A5 auf der rechten Seite des Rheins. Außerdem fährt man hier durch eine angenehme Landschaft mit dem Schwarzwald auf der einen und den Vogesen auf der anderen Seite. Rechtsrheinisch wächst der von der Sonne verwöhnte Badische Wein. Links davon ist der Ursprung von Riesling und Gewürztraminer. 

Der Campingplatz hat ein nettes kleines Restaurant, das uns spontan dazu animierte, die Küche im Wohnmobil unberührt zu lassen und ein paar echte Elsässer Flammkuchen zu probieren. Das ist gewissermaßen die französische Variante der Pizza, die es von süß bis deftig in allen Variationen gibt. Wie es sich gehört, gab es dazu natürlich einen Elsässer Wein von den benachbarten Weinbergen. In Frankreich kann man sich schließlich darauf verlassen, selbst in einem einfachen Bistro einen trinkbaren Wein zu bekommen. 

Eigentlich wollten wir ja am nächsten Tag früh los, um noch die letzte Etappe quer durch Deutschland bis nach Hamburg zu schaffen. Aber es kam anders. Beim Frühstück fiel mir nämlich ein, dass ich vor Jahren schon einmal in Colmar war. Ich hatte damals zwar nicht allzu viel Zeit, aber ich erinnerte mich noch gut an einen recht außergewöhnlichen französischen Single Malt, den ich per Zufall in einem kleinen Weingeschäft am Rande der Altstadt entdeckt hatte. 

Würde ich den kleinen Laden in der Altstadt von Colmar wiederfinden? Ich war mir nicht sicher, aber meine Liebste meinte, dass ein kleiner Stadtbummel vor der Weiterfahrt eigentlich eine gute Idee wäre. Außerdem war das Wetter angenehm sonnig und wir hatten eigentlich keine Eile. Also fuhren wir in die Stadt, fanden nach einigem Herumkurven sogar einen Parkplatz für das Mobil und machten uns auf den Weg.

Colmar hat eine sehr schöne Altstadt, die teilweise geradezu dörflichen Charakter hat. Wikipedia spricht von einem gut erhaltenen architektonischen Erbe aus sechs Jahrhunderten. Besonders das Viertel La Petite Venise ist ein Ort, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Es liegt an dem kleinen Flüsschen Lauch und gefällt durch seine malerisch verspielten Fachwerkarchitektur, wie man sie auch in vielen der alten Weindörfer hier im Elsass findet. Das Viertel ist natürlich vom Tourismus geprägt und in der Hochsaison genauso gut besucht, wie an den Wochenenden übers ganze Jahr. Hier findet man unzählige alteingesessene Restaurants, die neben Flammkuchen vor allem die typisch rustikale Elsässer Küche anbieten. 

Wir landeten in der Wistub Brenner an der Ecke zur Rue Turenne, wo wir bei angenehmen Temperaturen draußen sitzen konnten und gut zwei Stunden bei einem mehrgängigen Menü verbrachten. Wer es gut, deftig und original elsässerisch mag, ist hier bestens aufgehoben. Wer einfach nur eine Tarte Flambé essen will, sollte gegenüber ins La Kruenau gehen. Wer auf Schlemmertour ist und auf die elegante französische Küche steht, sollte sich rechtzeitig im Bord’eau einen Tisch reservieren. Dort hat man sich allerdings nicht auf die Touristen eingestellt, was bedeutet: Mittagessen gibt es nach der strengen französischen Regel pünktlich um zwölf und Abendessen um 20 Uhr. Dazwischen ist Pause. 

Besagte Rue Turenne war übrigens die kleine Allee, die ich die ganze Zeit gesucht hatte. Damals war ich irgendwie mit dem Wohnmobil hier gelandet und hatte einen Parkplatz direkt vor einem Weingeschäft gefunden. Nun sind Weingeschäfte eigentlich nichts Besonderes in der elsässischen Weinhauptstadt Colmar. Aber hier gab es den bereits erwähnten Single Malt, der lange Zeit eine Sonderstellung in meiner Sammlung ansonsten ausschließlich irischer und schottischer Malts innegehabt hatte. Der gute Stoff war fünf Jahre in Riesling-Fässern gelagert und hatte eine sehr angenehme Geschmacksnote, die mir noch gut in Erinnerung war. 

Es gab ihn noch und ich konnte mich natürlich nicht zurückhalten, gleich zwei Flaschen davon mitzunehmen. Außer im Elsass bekommt man den Whisky Elsacien von G. Miclo nämlich nirgends. 

Für einen entspannten Bummel durch die geschichtsträchtigen Straßen, deren Bausubstanz bis ins Mittelalter zurückreicht, sollte man sich einen guten Nachmittag Zeit nehmen. Der interessantere Teil schließt sich östlich der Lauch direkt an das dörfliche Vietel Petite Venise an. Hier findet man zahlreiche kleine Geschäfte und natürlich - schließlich sind wir in Frankreich - zahlreiche Bistrots, Brasserien und Restaurants. Immer wieder interessant ist die Tatsache, dass man hier zwar unübersehbar in Frankreich ist, gesprochen wird aber meist deutsch. Beziehungsweise die Elsässer Abart davon, die phonetisch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem badischen Dialekt auf der anderen Seite des Rheins aufweist. 

Ein besonderer Hinweis ist übrigens auch die historische Markthalle von Colmar. Sie liegt direkt am Flüsschen Lauch und sollte bei einer Besichtigung der Stadt keinesfalls fehlen. Wer hier nicht schwach wird und sich mit original französischen Wurstspezialitäten, Käsesorten und anderen Leckereien eindeckt, der ist schon fast zu bedauern. Der berühmte Münster Käse stammt übrigens aus einem kleinen Tal in den Vogesen nicht weit von hier. 

Zur Erholung nach der kulinarischen Shoppingtour empfiehlt sich das Café Au Bon Negre am hinteren Ende der Markthalle. Bei schönem Wetter kann man hier direkt am Fluss sitzen und aus nächster Nähe die vorbeiziehenden Ausflugskähne beobachten. Die sind übrigens ein ganz spezieller Tipp für Reisefotografen. Die flachen Boote werden mit Muskelkraft durch den engen Flusslauf bugsiert und bieten zahlreiche malerische Fotomotive, wie man sie vom Land her nicht zu sehen bekommt. 

Es kam natürlich, wie es kommen musste: Bis wir uns endlich von Colmar losreißen konnten, war es bereits später Nachmittag. Bis nach Hamburg würden wir es also nicht mehr schaffen. Aber wir haben es uns längst abgewöhnt, die Reise von und zur Urlaubsregion zum kilometerfressenden Stress werden zu lassen. Ein kleiner Zwischenstopp muss immer drin sein. Und Colmar war ein sehr schönes zusätzliches Highlight auf unserer Reise, auch wenn es eigentlich gar nicht geplant war. Denn wie sagt man so schön: Pläne sind dafür da, um geändert zu werden.