Zwischenstopp: Ein paar Stunden Sightseeing in Bern

Wer in den Süden Frankreichs will, kann natürlich die Rhône-Autobahn über Lyon nehmen und sich einen Tag lang von Mautstelle zu Mautstelle hangeln. Wir haben letztes Mal den direkten Weg über die Schweiz gewählt. Und wir haben uns Zeit genommen und einen Zwischenstopp in Bern gemacht. Schließlich ist es irgendwie schade, wenn man eine Stadt nur als Schild am Autobahnrand kennt.

Früher hieß es bei uns ganz einfach, losfahren und ankommen. Im Sommer haben wir den Wohnwagen angehängt, die Kids in den Van gepackt und dann hieß es, möglichst in einem Rutsch bis zum Urlaubsziel durchfahren. Manchmal acht Stunden, manchmal zehn, manchmal auch mehr. Mittlerweile sind die Kinder aus dem Haus, der große Wohnwagen ist einem kompakten Wohnmobil gewichen und auch das Urlaubsverhalten hat sich grundlegend geändert.

Schon der Wechsel des Fahrzeugs hat einen neuen Urlaubsstil begründet. Ein Wohnwagen ist ein mobiles Urlaubsdomizil, das man an einen schönen Ort zieht, um dort für eine bestimmte Zeit zu Hause zu sein. Vor Ort bewegt man sich mit dem ganz normalen PKW, dem SUV oder dem Van, mit dem man mit der gewohnten Bequemlichkeit unterwegs ist und überall einen Parkplatz findet. Hat man alles in einem bestimmten Umkreis gesehen, hängt man den Wohnwagen wieder an und fährt ein paar Kilometer weiter.

Im Wohnmobil hingegen heißt es: der Weg ist das Ziel. Sehenswürdigkeiten fährt man direkt an, Campingplätze sieht man meist nur für eine Nacht und manchmal auch gar nicht. Home is where you take it. Urlaub ist eine Route, die man sich vorgenommen hat und man entscheidet meist erst vor Ort darüber, wofür man sich Zeit nehmen will und worauf man nur einen kurzen Blick wirft. Der Nachteil dabei ist, dass man mit einem Wohnmobil wesentlich weniger flexibel ist und in der Stadt meist echte Probleme hat, einen Parkplatz zu finden.

Die Schweiz ist zum Beispiel ein Land, in dem wir das Gefühl hatten, dass hier so ziemlich alles verboten ist. Und dass man mit dem eigenen Auto eigentlich überall unerwünscht ist. Außerdem ist die Straßenführung eine Katastrophe und Hinweisschilder scheint man nicht zu kennen. Aber der Reihe nach:

Das Motiv, ausgerechnet in Bern halt zu machen war eigentlich das Paul Klee Museum. Laut Tourismus-Website sollte das ein architektonisch hoch interessanter Bau sein, in dem viele Originalbilder des Künstlers zu sehen sind. Außerdem lag es direkt an der Autobahn und es bot sich daher einfach an, Bern zu einem kleinen Stopover auf dem Weg nach Süden zu nutzen. Eigentlich wollten wir nämlich die Toure Napoleon entlang bis ans Mittelmeer fahren.

Wir hatten das Navi mit der Adresse programmiert, die auf der Website des Paul Klee Museums Bern angegeben war. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Zunächst war schon die Fahrt durch die Stadt wie eine Tour durch einen Irrgarten. Sagte das Navi „links abbiegen“, war da garantiert eine durchgezogene weiße Linie. Sollte es nach rechts gehen, war die Straße nur für Anwohner zugelassen. Geradeaus führte in die falsche Richtung und umkehren war auch nur selten möglich. Da wird selbst die Fahrt mit einem relativ kompakten Kastenwagen irgendwann zum Stress.

Irgendwann standen wir dann in der richtigen Straße. Doch von einem Museum war weit und breit nichts zu sehen. Hier gab es nur Wohnhäuser und die Straße war eigentlich eine Spielstraße. Dennoch meinte das Navi, wir wären am Ziel.

Ich nutzte also mein Tablet mit Open Street Map, um mich zu orientieren. Dabei wurde klar, dass wir zwar in unmittelbarer Nähe zum Museum standen, aber der Eingang von dieser Seite eigentlich nicht erreichbar war. Nur ein winziges Sträßchen zeigte die Karte, die sich aber als Anwohnerstraße mit einem dicken „Verboten“-Schild herausstellte. Wir fragten einen jungen Mann, der uns auf dem Fahrrad entgegenkam. „Paul Klee Museum, ja das ist ganz in der Nähe,“ meinte der. „Fahren sie mir einfach nach, ich bring sie hin.“ Ja, die Schweizer sind freundliche Menschen und wir haben nie einen erlebt, der nicht hilfsbereit gewesen wäre.

Der Weg führt ein recht enges Sträßchen entlang („nur“ einen Kastenwagen zu kaufen war wohl doch die richtige Entscheidung), auf dem wir eigentlich nichts zu suchen hatten. Aber am Ende lag ein kleiner Parkplatz und man konnte schon die geschwungenen Kuppeln des Museums sehen. Der Parkplatz war wohl nur für PKW gedacht, aber mit unserem Hobby Vantana schafften wir es dennoch durch die Schranke. Wie gesagt, Autos sind bei Schweizer Stadtplanern offensichtlich ziemlich unbeliebt und Wohnmobile kommen in ihrem Denken erst gar nicht vor.

Bei gut 40 Grad Außentemperatur war übrigens ein Museumsbesuch mitten im Hochsommer genau die richtige Idee. Schon weil ein Museum natürlich klimatisiert ist. Und weil es da ein kleines Café gab, in dem wir uns erst einmal ganz bequem vom Stress der Anfahrt erholen konnten.

Bern ist die Hauptstadt der Schweiz, deren Ursprünge bereits auf das 12. Jahrhundert zurückgehen. Mit rund 140.000 Einwohnern gehört sie zu den größten Gemeinden der Schweiz und ist das größte Verwaltungszentrum des Landes. 1983 wurde die Berner Altstadt in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.

Die Stadt liegt übrigens größtenteils auf einer Anhöhe, die von einem tiefen Flusstal durchzogen wird, das die Aare im Laufe der Jahrtausende in die Erde gefräst hat. Dort unten, direkt im Inneren einer Flussschleife liegt der Ursprung und die heutige Altstadt von Bern. Genau an der Spitze der Schleife befindet sich eine eindrucksvolle steinerne Bogenbrücke die sich als breite Kopfsteinpflaster-Straße einen relativ steilen Berg ihnauf zieht. Am oberen Ende befindet sich der  mittelalterliche Zytglogge-Uhrturm aus dem 13. Jahrhundert, der eine Art Wahrzeichen der Stadt bildet.

Unser Navi wählte natürlich den direkten Weg zur Brücke, doch der endete nach hundert Metern vor einer Kette. Ab hier waren nur noch Fußgänger erlaubt. Also hieß es, das über 6 Meter lange Fahrzeug auf engstem Raum zu wenden und wieder zurück zur Kreuzung zu fahren. Ein Manöver, das kurz darauf noch einmal notwendig war, bevor wir endlich in die Straße abbiegen konnten, die zur Altstadt führte. Diese Umstände waren, wohlgemerkt, keiner historischen Straßenführung zu verdanken, sondern ausschließlich einer ziemlich unverständlichen Verkehrsplanung.

Die Altstadt von Bern ist durchaus einen Besuch wert. Die Häuser sind an einen felsigen Hang gebaut, der steil zum Fluss abfällt. Von oben findet die Kamera interessante Blickwinkel und auch die verwinkelten Straße selbst sind einen entspannten Spaziergang wert. Als wir ankamen, fuhren gerade drei Reisebusse ab, die wohl chinesische Touristen zu einem Rundgang in die malerische Schweizer Hauptstadt gebracht hatten. Die Speisekarten in den Restaurants sind in deutsch und Englisch, was darauf schließen lässt, dass Bern wohl ein Touristenmagnet ist, als den wir die Stadt bisher nie wahrgenommen hatten. Wer ohnehin in der Gegend ist, sollte daher in Bern durchaus eine Pause einlegen und sich ein paar Stunden Zeit nehmen.

Es war schon gegen sieben, als wir uns entschlossen, den einzigen Campingplatz der Stadt anzufahren. Dass wir hier irgendwo frei stehen konnten, war angesichts der Flut an Verbotsschildern wohl eher nicht zu erwarten. Der Campingplatz liegt direkt unten an der Aar direkt neben einem Schwimmbad. Er ist recht komfortabel ausgestattet, bietet aber weder ein Restaurant noch einen Einkaufsladen. Für die morgendliche Dusche muss man Duschmarken kaufen. Für die Ver- und Entsorgung des Reisemobils gibt es direkt am Eingang eine entsprechend ausgestattete Parkbucht. Lediglich die Chemietoilette muss man im Sanitärgebäude loswerden.

Vielleicht hätten wir die Stadt weiträumig auf der Autobahn umfahren sollen, um von der Altstadt zum Campingplatz zu kommen. Luftlinie waren es keine drei Kilometer, aber es war wohl nicht vorgesehen, dass man diese Strecke einfach mit dem Auto zurücklegen kann. Wir brauchten eine gute Stunde und mehrere vergebliche Versuche, bis wir endlich am Ziel waren. Das Navi hatten wir dafür komplett ausgeschaltet, denn seine Routenlogik deckte sich einfach nicht mit der örtlichen Verkehrsplanung. Einzig Open Street Map auf dem Tablet half uns, die Übersicht zu bewahren und zum ersehnten Ziel zu kommen. Zum Glück hatte man Platz für uns und wir konnten uns von dem seltsamen Autofahrer-Abenteuer der Schweizer Hauptstadt erholen.

Wenn man verfolgt, wie deutsche Städteplaner mittlerweile ticken, würde es mich nicht wundern, wenn es in hiesigen Städten irgendwann genauso zugehen wird. Autos werden zu Störfaktoren erklärt und breite Radwege nehmen den Platz ein, den bisher noch Parkplätze beanspruchen. Das mag zwar schön grün und umweltfreundlich sein. Aber Fahrräder sind nun mal nur Schönwetter-Fahrzeuge und transportieren kann man damit auch nicht viel. Shopping in der Innenstadt wird also früher oder später der Vergangenheit angehören und die Menschen werden gar nicht mehr anders können, als ihren Bedarf im Internet zu decken.

Aber das sei nur am Rande bemerkt.