Kartenmaterial: Es gibt weit Besseres als Google

Die Zeit der Straßenkarten auf Papier sind ja nun endgültig vorbei. Ich habe gerade eine ganze Schublade voller Michelin-Karten entsorgt, nachdem die dort ein gutes halbes Jahrzehnt unberührt verbracht haben. Wer heute irgendwo hin fährt, lässt sich vom Navi den Weg weisen. Und wer sich vor Ort zurechtfinden will, vertraut auf Google Maps. Zumindest, solange es die Flatrate zulässt und das Smartphone online ist. Es gibt aber auch eine Alternative und die ist viel besser.

Google Maps habe ich auch auf dem Smartphone. Aber meist verwende ich eine App mit dem kryptischen Namen OSM Android. Wobei Android darauf hindeutet, dass ich kein iPhone benutze. OSM wiederum steht für Open Street Map und damit für eine der größten Open Source Initiativen, die die Welt je gesehen hat.

Irgendwie hatte ich schon immer ein Problem mit proprietärer Software. Es hat mich immer gestört, von einem bestimmten Hersteller abhängig zu sein. Software, die jedes Jahr ein Update braucht, das natürlich eine dreistellige Summe kostet. Nein Danke. Ein Betriebssystem, das im Hintergrund alles mögliche tut, von dem ich nichts weiß? Nicht mit mir. Deshalb gibt es in meinem Haus keinen Mac und die Spyware von Mirosoft steht auch schon seit Jahren auf der schwarzen Liste. Meine Rechner laufen alle mit Linux. Und mein Smartphone natürlich mit Android (was ja auch Linux ist).

Auch die intelligenten Fernseher der neuesten Generation arbeiten übrigens mit Linux. Genauso wie alle Internet-Server auf der Welt.

Aber zurück zur digitalen Straßenkarte. Open Street Map ist ein Open Source Projekt. Die Open Source-Gemeinde besteht aus Programmierern, die gemeinsam an Software arbeiten und diese dann kostenfrei verfügbar machen. Das Besondere dabei: Der Programmcode (also der Source Code) ist offen (also open), was den Namen erklärt. Jeder kann ihn frei benutzen und in eigene Lösungen einbauen, solange auch diese wieder Open Source sind. Im Gegensatz zu Closed Source, also den kommerziellen Programmen, bei denen nur der Programmierer weiß, was die Software so alles tut.

Open Street Map entstand aus der Idee heraus, dass Kartenmaterial eigentlich für jedermann frei zugänglich sein sollte. Also wurde Kartenmaterial aus den unterschiedlichsten Quellen digitalisiert, bis eine lückenlose Weltkarte entstand. Unterstützer des Projekt zeichneten Wege auf, wann immer sie mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs waren. Die Karten wurden immer genauer und haben heute einen Detaillierungsgrad erreicht, der es locker mit Google aufnehmen kann.

Der aus meiner Sicht entscheidende Vorteil von OSM gegenüber Google Maps: Bei Google kann man immer nur einen bestimmten Kartenausschnitt herunterladen. Die gesamte Deuschland-, Frankreich- oder Spanien-Karte offline mitzunehmen, ist nicht möglich. Das heißt, man muss unterwegs immer "nachladen" und das meist über eine teure Handy-Verbindung. Bei der Vollversion von OSM Android kann man aus einer langen Liste an Karten all die Regionen herunterladen, die man auf einer Reise passieren wird. Damit hat man immer eine detaillierte Karte dabei, ohne auf eine Online-Verbindung angewiesen zu sein. Außerdem bietet OSM Karten für Radfahrer, Wanderer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Und es können die unterschiedlichsten Points of Interest und auch Wikivoyage-Artikel zu den Reisezielen heruntergeladen werden.

Wenn ich heute mit dem Fahrrad auf Tour bin, ist OSM Android mein ständiger Begleiter. Mein 8,5-Zoll Tablet steckt in einer speziellen Fahrradhalterung und ich weiß jederzeit, wo ich gerade bin und in welche Richtung es weitergehen soll. Dafür schalte ich auf das spezielle Kartenmaterial für Radfahrer um und finde mich auch in Gegenden zurecht, in denen ich noch nie war.

Demnächst fahre ich in die Bretagne und habe mir soeben alle Karten heruntergeladen, die ich vielleicht brauchen werde. Dazu die Reliefkarten, die Cycle Maps und alle Sehenswürdigkeiten. Ich habe es letztes Jahr bereits in Irland ausprobiert: OSM kennt jede Nebenstraße und auch Fußpfade, die man bei Google Maps nicht findet. Und, wie gesagt, man muss dafür nicht online sein, sondern kann sich vor der Reise die passenden Karten herunterladen.

Auch im Auto ist OSM eine sinnvolle Ergänzung. Das Navi führt zwar meist zuverlässig an das gewünschte Ziel. Aber manchmal weiß man nicht, welche Straße man eingeben soll, um zum Beispiel zu einem Parkplatz am Strand zu kommen. Oder man möchte ohne lange herumzuirren in den historischen Ortskern finden, um auf Fototour zu gehen. Ohne genaue Adresse ist ein Navi da ziemlich ratlos. Mit OSM dauert es nur ein paar Minuten und es ist eine Straße ausgemacht, die ganz nahe am Ziel liegt. Die muss man dann nur noch ins Navi eingeben und alles ist gut.

Wie haben wir das bloß früher gemacht, als wir bestenfalls eine Übersichtskarte im Handschuhfach hatten?

Auch bei der Reisevorbereitung ist OSM eine große Hilfe. So erhalte ich zum Beispiel Auskunft darüber, wo der nächste Wohnmobil-Standplatz oder Campingplatz liegt. Oder zumindest ein Parkplatz, auf dem ich vielleicht übernachten könnte.

Befinde ich mich in einer fremden Stadt, weiß ich vor Ort immer, wo die nächste U-Bahn-, S-Bahn-, Straßenbahn- oder Bushaltestelle ist. Und auf Wunsch kann ich mir aus einer Liste genau die Points of Interest in die Kartendarstellung einblenden lassen, die mich interessieren. Also zum Beispiel Freizeiteinrichtungen, Restaurants, Parkplätze, Tankstellen oder auch Ladestationen für das E-Mobil. Auch der nächste Bankautomat ist mit OSM schnell gefunden.

Ein schönes Features versteckt sich hinter der Bezeichnung „Parkposition“. Damit ist es möglich, den genauen Ort zu markieren, an dem man geparkt hat, um nach einer ausführlichen Stadtbesichtigung wieder zuverlässig dorthin zurück zu finden.

Es gibt natürlich eine ganze Reihe anderer Karten-Apps für iPhones oder Android-Handys. OSM Android hat mir aber bisher am besten gefallen. Wobei auch fast alle anderen auf das Kartenmaterial des Open Street Map Projekts zurückgreifen.